Das Kulturdenkmal am Charlottenplatz ist innen wieder einmal neu erfunden worden. Von Samstag an kann die Öffentlichkeit das einstige Wohnhaus von König Wilhelm II. besichtigen. Im Frühjahr 2018 soll es als Stadtmuseum in Betrieb gehen.

Stuttgart - Königliches Wohnhaus, Kriegsopfer, Bücherei für Stuttgart und künftig Stadtmuseum: Das Wilhelmspalais hat schon viel erlebt und im Krieg und danach erduldet. Jetzt neigt sich der neueste Umbruch dem Ende zu. Nach drei Jahren Bauzeit wird das Palais in wenigen Tagen wieder der Öffentlichkeit gehören.

 

Bevor es mit den Ausstellungselementen ausgestattet und vermutlich im April 2018 als Stadtmuseum in Betrieb gehen wird, wollen die Stadtverwaltung und der Museumsdirektor Torben Giese das „nackte Haus“ zeigen. Und sie möchten den Stuttgartern mit Interimsnutzungen Appetit machen. Von Samstag, 16. September, bis Sonntag, 24. September, ist daher "Architektur-Preview". Das Haus wird von 10 bis 19 Uhr geöffnet, am 24. September bis 17 Uhr. Es gibt Führungen und Vorträge oder auch Konzerte der Stuttgarter Philharmoniker. Auch im Winter sind Veranstaltungen geplant.

Ein vielversprechendes Inneres

Ein erster Rundgang für Medienvertreter am Montag zeigte schon, dass das Palais nach dem Komplettumbau im Inneren das Zeug dazu hat, von Bürgern und Architekturkritikern als neues bauliches Kleinod der Landeshauptstadt beurteilt zu werden. Die sperrige Treppe, die nach dem Krieg unter der Regie des Architekten Wilhelm Tiedje mit vielen anderen Betonbauteilen eingebaut wurde, ist weg. Das Foyer präsentiert sich wieder offen und als Teil der Sichtachse, die der Hofbaumeister Giovanni Salucci von der Uhlandstraße durch das Palais bis zum damaligen Kronprinzenbau – heute Standort des Kunstmuseums – angelegt hatte. Die Idee der Einheit von städtebaulicher und innenräumlicher Konzeption wiederherzustellen, war eine der vordringlichsten Absichten des Architekturbüros Lederer, Ragnarsdóttir, Oei, das im Jahr 2010 einen Wettbewerb gewonnen hatte. Der jetzt sichtbare Effekt schreit aber auch nach mehr: Für die Planie mit ihrem ungeordneten Baumbestand sei nun ein neues Konzept nötig, damit man die Sichtachse noch besser inszenieren könne, sagte die Architektin Jórunn Ragnarsdóttir auf dem Balkon mit Blick zur Stadt. Und auch OB Fritz Kuhn dachte in diese Richtung. Eine Freitreppe am Gehweg vor dem Palais soll Gebäude und Stadt noch besser zusammenbringen. Sie ist noch nicht gebaut.

Neues Haus in alter Hülle

In die historische Hülle wurde binnen drei Jahren aber ein völlig neues Haus eingebaut, das mit Estrichböden, wohlriechenden hellen Birkenholzwänden und vielen Details besticht, die eigens entwickelt wurden. Leitungen sind zwischen Außenhülle und innerer Holzschatulle verborgen. Die zuletzt mit 40,6 Millionen Euro angegebenen Kosten für den Umbau sollen Bestand haben.

Den städtischen Vertretern gefiel das Ergebnis. „Das ist ein sehr ansprechender Ort für die Darstellung von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft von Stuttgart“, sagte Kuhn. Museumschef Giese freute sich auch nicht nur über den „schönsten Veranstaltungssaal der Stadt“ im Erdgeschoss, sondern über das ganze Haus.

Dessen Qualitäten hatten Kulturbürgermeister Fabian Mayer (CDU) auf die Idee gebracht, das Haus nicht monatelang ungenutzt zu lassen, bis die Ausstellungen fertig sind, deren Vorbereitung in Verzug ist. „Der bauliche Fortschritt hat zuletzt den konzeptionellen Fortschritt überholt“, so Mayer. Er meinte nicht nur, dass auf Initiative der CDU mehr Abendveranstaltungen im Erdgeschoss angepeilt worden waren, was bauliche Folgen zeitigte. Der neu engagierte Gründungsdirektor sollte auch noch auf die Konzeption einwirken können.