Er liebt es, sein Umfeld zu beobachten und Emotionen auf Papier zu bringen: Künstler Jan-Georg Hendricks stellt seine Werke zwei Wochen lang am Hans-im-Glück-Brunnen aus. Wir haben den 18-jährigen Kreativkopf zum Gespräch getroffen.

Stadtkind: Tanja Simoncev (tan)

Stuttgart - "Morgens in der S-Bahn beobachte ich oft, dass die Leute nicht gern zur Arbeit fahren - das möchte ich für mich ändern, deshalb mache ich Kunst“, sagt Jan-Georg Hendricks. Der 18-jährige Künstler aus Filderstadt weiß schon genau, wer er ist und vor allem, was er will: seine Kunst zeigen. Das hat er bereits bei der Aktion „Geschwisterliebe meets Art“ im Shop Geschwisterliebe getan, nun stellt er zwei Wochen lang im Stadtleben-Büro von Stuttgarter Zeitung und Stuttgarter Nachrichten aus. Abstrakte Gemälde treffen dabei auf ein Skizzenbuch.

 

„Das Skizzenbuch repräsentiert mich“, sagt Hendricks. „Wenn ich zum Beispiel in der Bahn sitze, zeichne ich direkt drauf los. Emotionen, die ich um mich herum wahrnehme, bringe ich so auf Papier.“ Dabei zieht sich der Künstler die Gesichter frei aus dem Kopf, er zeichnet niemanden bestimmtes: „Jede Zeichnung - zunächst abstrakt, dann realistischer - bin ich selbst, die Stimmung, die ich in diesem Moment habe.“

Hendricks hat versucht sich anzupassen

Doch wie fing das mit der Kunst eigentlich an? „Ich war eines der stilleren Kinder, das immer abseits stand und die Gruppe beoachtet oder in den Himmel geschaut hat“, erinnert er sich. Im Zeugnis habe oft gestanden, dass der ruhige Blondschopf ein Träumer sei. „Ich habe das Gefühl, dass es in unserer Gesellschaft total verpönt ist, wenn man nachdenkt oder träumt.“ Und eines stand damals schon fest: „Ich war immer sehr kreativ und habe alles anders gemacht als die anderen – auch modisch.“ In Filderstadt-Bernhausen, wo Hendricks aufwuchs, habe das nicht gerade zur Gruppenfindung beigetragen. "Deshalb wurde ich kreativ, habe gemalt, getöpfert und Musik gemacht."

Und dann die Wende mit einem neuen Ziel: „Ich wollte zu Porsche und Manager werden.“ Zu dieser Zeit habe er keine Kunst mehr gemacht. „Ich musste mich anpassen.“ Also drehte der junge Mann den Spieß um, gab viel Geld für Materielles aus, wurde zum leidenschaftlichen Clubgänger. „Den Leuten hat nicht gefallen wie ich bin, also habe ich ein Trugbild erschaffen, das den anderen gefiel.“ Er wechselte auf die Wirtschaftsschule, wollte das große Geld machen. Zumindest redete er sich das ein. Doch er merkte schnell, dass das Schutzschild, das er sich aufgebaut hatte, gar nicht er selbst war. „Dann habe ich einfach mal wieder gezeichnet.“ Damals war Georg 15 Jahre alt. „Ich dachte mir: Das kann doch nicht sein, dass du dich so verstelllst, um anderen zu gefallen, du sollst dir selbst gefallen.“

Gefühle auf Papier und Leinwand

Die Sommerferien hat er dazu genutzt, im Wald ganz für sich zu sein und nachzudenken. „Hört sich verrückt an, war aber eine schöne Erfahrung. Ich habe viel nachgedacht, vor allem darüber, warum ich mich oft einsam und verlassen gefühlt habe.“ Das war vor einem Jahr.

Hendricks kam zurück mit einer besonderen Erfahrung und setzte direkt den Aufenthalt in einem Ashram, einem klosterähnlichen Meditationszentrum, obendrauf. Dort entdeckte er Yoga und Meditation für sich, was er seitdem praktiziert. „Das hat sich sicherlich auch auf meine Kunst ausgewirkt, danach konnte ich Menschen offener gegenüber treten, die Gefühle, die ich dann spürte, für mich noch besser auf Papier und Leinwänden wiedergeben“, sagt er.

Das Zimmer als Atelier

Vor zwei Jahren malte der besonnene Kreativkopf sein erstes Bild und sein Zimmer verwandelte sich in ein Atelier. Alle frühen Arbeiten sind mit dem Pinsel gemalt, später kam der Spachtel hinzu, die Leinwände baut er mittlerweile selbst. „Und dadurch wurden die Bilder schnell immer größer. Mit 70x100 cm habe ich angefangen und bin dann direkt auf 2x1,20 m übergegangen, das war ein großer Sprung.“ Seine Maltechnik ist dabei eher abstrakt, der Malablauf immer der gleiche: „Ich drehe die Musik laut auf, schalte mein Gehirn aus - und dann mach’ ich einfach.“

Gerade macht der 18-Jährige so einiges - zum Beispiel auch seinen Führerschein, lernt Grafikdesign an der Kolping-Design-Schule und wäre vorher beinahe an der Akademie der Bildenden Künste genommen worden. Das Problem: sein Alter. Hendricks war damals erst 16 Jahre alt. „Der Professor meinte, ich soll noch ein bisschen mehr Lebenserfahrung sammeln und schauen, ob ich bei der Kunst bleibe.“ Gerade sieht es ganz danach aus. „Mein großer Traum ist es irgendwann in der Staatsgalerie oder im Museum of Modern Art in New York City auszustellen“, sagt er. Und dann will der Kunstschöpfer die Führungen selbst übernehmen, denn die meisten Museumsführungen depremieren ihn. „Man wird bewacht und mit Begriffen konfrontiert, die keiner versteht. Dabei hat sich der Künstler beim Malen wahrscheinlich gar nichts gedacht, er hat es einfach gemacht. Ich mag es nicht, wenn man Interpretationen vorgibt.“

Einen Einblick in Georg Hendricks' Kunst bekommt ihr hier und an diesem Donnerstag in unserem Stadtleben-Büro am Hans-im-Glück-Brunnen. Die Vernissage beginnt um 18 Uhr. Von diesem Tag an werden die Bilder des Künstlers zwei Wochen lang in den Fenstern hängen.