Andrea Schiffers ist Ärztin und Bildhauerin. Nun stellt sie mit drei benachtbarten Künstlern aus. Dabei brauchte es erst einen Volkshochschulkurs, um sie von der Kunst zu überzeugen.

S-West - Kunstraum 2014 heißt die Ausstellung, die von Samstag, 20. September, an acht Tage lang in zwei Ateliers in der Senefelderstraße 95 und 96 läuft. Zu bewundern gibt es Werke von vier Künstlern aus dem Westen: den Malern Gunter Großholz und Yuxi Wan sowie den Bildhauern Johann Wittchow und Andrea Schiffers. Letztere ist Initiatorin der Kooperation. Sie führt ein wechselhaftes Leben als Kinderärztin und Bildhauerin.

 

Zwischen Kunst und Medizin

Es gab eine Zeit vor einigen Jahren, da glaubte Andrea Schiffers, sich entscheiden zu müssen. Für die Kunst und gegen die Medizin oder umgekehrt. Schiffers grübelte eine Weile – und wählte eine dritte Option. Wer heute ihre Visitenkarte in den Händen hält und um 180 Grad dreht, findet beides: die Kontaktdaten der Kinderärztin und jene der Bildhauerin. „Ich habe festgestellt, dass beides für mich zusammengehört“, sagt sie.

Dabei musste die Naturwissenschaftlerin Schiffers den Zugang zur Kunst erst finden. „Ganz lange habe ich gedacht, dass ich das nicht kann“, sagt sie. Ein Volkshochschulkurs überzeugte sie vom Gegenteil. Den Sandstein zu bearbeiten, das war so etwas wie eine Offenbarung für sie. „Mir war sofort klar, dass Stein das richtige Material für mich ist.“ Die Aachenerin, die 1999 nach Stuttgart und ins Olgahospital gekommen war, hatte etwas gefunden, an dem sie sich abarbeiten kann.

Die Bedeutung der Kunst für ihr Leben und ihren Alltag stieg stetig, so rasant, dass sie vor rund drei Jahren ihre Stelle als Oberärztin in Ludwigsburg aufgab. Seitdem ist Andrea Schiffers freiberuflich tätig, deutschlandweit, mal in Stuttgart, mal in München, mal in Hamburg. Sie macht Urlaubsvertretungen, arbeitet im Palliativdienst, unterrichtet Hebammen. Häufig ist ihr Beruf ein Ringkampf mit der Realität, ist mit großer Kraft und großem Leid verbunden, zum Beispiel, wenn sie Eltern von Babys mit Fehlbildungen betreut, die wissen, dass ihr Kind nach der Geburt womöglich nur wenige Stunden leben wird.

„Ich überrasche mich selbst ganz häufig“

Die Bildhauerei ist eine andere Welt. Seit zwei Jahren hat sie wenige Schritte von ihrer Wohnung entfernt ein Atelier . „Eine Woche dort ist wie drei Monate frei zu haben“, sagt sie. In der Arbeit mit weißem Marmor, seit tausenden Jahren unverändert und dann von ihr verformt, geht sie auf. Gerne spielt sie mit dem Licht, selten arbeitet sie nach einem Modell. „Ich überrasche mich selbst ganz häufig.“

„Einen Quantensprung“ nennt Schiffers ihren ersten Besuch in Pietrasanta. Die 20 000-Einwohner-Gemeinde in der norditalienischen Provinz Lucca beherbergt regelmäßig rund 200 Bildhauer, zweimal im Jahr fährt sie in die Toskana, um zwölf Stunden täglich an neuen Werken zu arbeiten, ungehemmt Staub und Lärm zu produzieren und sich von der Vielfalt der Kollegen aus aller Welt inspirieren zu lassen.

Vielfalt soll dank der drei Mitkünstler auch bei ihrer neuen Ausstellung Trumpf sein. Johann Wittchow arbeitet mit Holz, Gunter Großholz viel mit Öl, Yuxi Wan beeindrucke durch eine ganz eigene Ästethik. Andrea Schiffers ist überzeugt: „Der Mix macht das Ganze sehr spannend.“