Autos, die ohne Fahrer auskommen, Haushaltsgeräte, die aktiv Hilfe leisten - in Wirtschaft und Forschung kreisen die Gedanken längst um intelligente Systeme. Eine Forschungsinitiative im Raum Stuttgart soll das nun befeuern.

Stuttgart - Die Landesregierung finanziert auf Initiative der Max-Planck-Gesellschaft zusammen mit Universitäten und Firmen einen Forschungsverbund für künstliche Intelligenz. Die „Cyber Valley“ genannte Initiative soll als internationales Zentrum für Grundlagenforschung und Gründerplattform dienen. „Wir wollen verhindern, dass die zweite Digitale Revolution an Europa vorbeigeht“, sagte Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) bei der Auftaktveranstaltung am Donnerstag in Stuttgart. Ziel der Initiative ist es, marktfähige Anwendungen zu entwickeln. Es ist eine der größten Forschungskooperationen Europas in dem Bereich.

 

Mit Hilfe von intelligenten Systemen sollen in Zukunft Autos gesteuert werden, aber auch Haushaltsgeräte und Roboter gesteuert werden. Um in diesen Feld voranzukommen, sollen bis zu 100 Doktoranden ausgebildet werden. In einem ersten Schritt werden neun Forschungsgruppen gegründet. Hinzu kommen mehrere Professuren an den Universitäten Stuttgart und Tübingen. Jeweils zwei Professuren werden mit Mitteln vom Land neu geschaffen, noch einmal jeweils zwei Professuren werden als „Brückenprofessuren“ zum Max-Planck-Institut für intelligente Systeme umgewidmet. Daimler und Bosch finanzieren zusätzlich zwei Stiftungslehrstühle. Bosch gibt dafür über einen Zeitraum von zehn Jahren 5,5 Millionen Euro.

Neben den beiden Stuttgarter Konzernen beteiligen sich Porsche, BMW, ZF Friedrichshafen und der US-Konzern Facebook an dem Projekt. Das Land gibt über mehrere Jahre in einem ersten Schritt mehr als 50 Millionen Euro. Die Anschubfinanzierung sei in den Nebenabreden zum Koalitionsvertrag beschlossen worden. „Weitere werden folgen“, kündigte Kretschmann an.

Das „Cyber Valley“ solle ein Anziehungspunkt für talentierte Nachwuchsforscher, Softwareentwicklung und Ingenieure aus der ganzen Welt werden, sagte Bosch-Chef Volkmar Denner. „Wir als industrielle Partner des „Cyber Valleys“ versprechen uns davon sowohl Fortschritte in unseren etablierten als auch in völlig neuen Geschäftsfeldern.“ Gleichzeitig werde die Region Anziehungspunkt für Gründer.

Wissenschaftsministerin Bauer bezeichnet Vorhaben als „wachsendes System“

Alle Partner stemmen zusammen in den kommenden fünf Jahren einen hohen zweistelligen Millionen-Euro-Betrag. Die Firmen beteiligen sich jeweils mit Beträgen von mehr als einer Million Euro, sagte Bosch-Forschungschef Michael Bolle. Hinzu kämen die beiden Stiftungslehrstühle.

Zum Vergleich: Die von der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) geförderten Exzellenzcluster, die sich meist nur an einer Universität abspielen, bekommen zwischen 2,5 und 8 Millionen Euro pro Jahr. Auf fünf Jahre gesehen sind das also bis zu 40 Millionen Euro.

Neben den Forschern will die Initiative im Sommer 2017 eine Graduiertenschule einrichten. In einer zweiten Ausbaustufe werde das Land mit einer Sonderfinanzierung einen Neubau unterstützen.

Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne) bezeichnete das Vorhaben als „wachsendes System“. An einer Partnerschaft interessiert seien auch der Grafikkartenhersteller NVIDIA, der Maschinenbauer Trumpf und das Karlsruher KIT. Es würden auch weitere Partner der Wissenschaft gesucht. Man sei vor allem interessiert an kleinen und mittelständischen Firmen, sagte Bosch-Forschungschef Bolle. Die Beteiligung des US-Konzerns Facebook verteidigte Bernhard Schölkopf vom Max-Planck-Institut: Man sei offen für internationale Partner.