Die Maultasche ist die Königin in den Lauben. Aber mancher Wirt interpretiert das Schwäbische recht eigen und serviert den Gästen auch „Exotisches“.

Stuttgart - Jörg Ebermann spürt seit Tagen eine gewisse Anspannung, ein vertrautes Kribbeln, dass sich immer vor dem Stuttgarter Weindorf einstellt. Eigentlich müsste die Veranstaltung für den Chef der Linde in Oberboihingen inzwischen Routine sein, schließlich schlägt er mit seiner Laube 42 zum neunten Mal auf dem Marktplatz auf. „Aber man lernt immer wieder neu dazu, und es macht uns allen sehr viel Spaß, auch wenn es logistisch nicht immer ganz einfach ist“, sagt Ebermann. Die Karte bietet ein Potpourri aus der schwäbischen Küche, vom Wurstsalat über den Fleischkäse – alles aus der eigenen Wurstküche – bis hin zu Rehragout, das den bevorstehenden Herbst ankündigt.

 

Das Angebot wechselt mit dem Wetter

Beim Tagesessen entscheidet Ebermann stets spontan und richtet sich nach dem Wetter. Ist es heiß dürfen sich die Besucher auf Grillgemüse freuen, bei kühlen Temperaturen kommen Linsen oder Filderkraut auf den Teller. Ein Renner könnte in diesem Jahr auch der fünf Wochen gereifte Rinderrücken werden.

Der Hit bei Nachbar Volker Krehl in Laube 41, der auch zum neunten Mal dabei ist, heißt Schwabenglück, das den hungrigen Gast mit einer Kombi aus Maultasche, Fleischküchle und Schweinebäckle erfreut. Lange vor der 41. Auflage des Weindorfs machte sich Krehl Gedanken, wie die technischen Begebenheiten vor Ort mit der gewünschten Speisekarte kombinierbar sind. „Einige Dinge gehen nicht, man kann beispielsweise keinen ganzen Lachs in der Weindorfküche zubereiten“, erzählt der Koch der Linde in Bad Cannstatt.

Auf Fisch muss nicht verzichtet werden

Auf Fisch müssen die Kunden aber nicht verzichten. Es gibt sowohl Lachs als auch Zander, die in der heimischen Küche portioniert und vakuumverpackt werden, um dann auf dem Weindorf frisch zubereitet zu werden. Dazu gibt es mariniertes Sommergemüse, das ebenfalls in der Linde schon vorbereitet wurde.

Auf der Vesperkarte findet man eine vegane Kürbissuppe, die im kleinen Roggenlaible serviert wird, einen Herbstsalat oder einen Obatzten, wobei bei letzterem Bärbel Mohrmann wohl ein bisschen ein Auge zugedrückt hat. Die neue Geschäftsführerin von Pro Stuttgart versteht sich nämlich auch ein bisschen als Wächterin über die Speisekarten, welche die Wirte vor dem Start immer abgeben müssen. Und da sollte die schwäbisch-politische Correctness in den Töpfen schon stimmen. „Aber wir sind auch flexibel, da wird aus einem Schweizer Wurstsalat dann eben ein schwäbischer“, sagt Bärbel Mohrmann.

Volker Krehl weiß um die Vorgaben und hat deshalb auch auf Jakobsmuscheln oder Shrimps verzichtet. Dafür gibt es Pfefferkrustenbraten mit Spätzle und Kartoffelgurkensalat. Es ist ihm wie vielen Köchen ein Anliegen, die schwäbische Küche zu pflegen und weiterzuentwickeln. Die Preise musste er moderat anheben. „Durch das neue Sicherheitskonzept entstehen Zusatzkosten von etwa 3000 Euro, das muss man erst mal stemmen“, sagt Krehl.

Drei Mandelbrennereien sind im Einsatz

Wie die meisten Wirte hat auch er die Maultaschen im Programm mit Kartoffel-Gurken-Salat – ohne die geht gar nichts auf dem Weindorf. Ob in der Brühe, geschmälzt mit Zwiebeln oder aufgeschnitten und angebraten mit Ei – Maultaschen zählen ebenso zum Standardprogramm wie das Schmalzbrot oder Linsen mit Spätzle und Saitenwürstle. Mehrere 100 Kilo feinstes Ochsenfleisch drehen sich bei Schmückers Ox in einem Spezialgrill in einem Niedergarverfahren. Das Fleisch kann dann in einem Kratoffelwecken to go oder als Tellerportion in der Laube verzehrt werden. Und wer zwischendurch mal Lust auf Süßes verspürt, der wird bei drei Mandelbrennereien fündig.

500 Weine werden im Stilglas kredenzt

Aber natürlich geht es auf dem Weindorf in erster Linie um Wein: Rund 500 verschiedene Tropfen werden mittlerweile stilecht aus Stielgläsern getrunken. „Uns ist wichtig, dass es genügend Angebote unter fünf Euro pro Glas gibt und dennoch eine tolle Qualität angeboten wird“, sagt Bärbel Mohrmann, die sich in Sachen Wein als Trollinger-Fan outet. Passend zum Fest haben die ersten Wengerter in diesen Tagen auch schon mit der Lese begonnen.

In den Lauben gibt es inzwischen immer mehr Anbieter auch aus Baden. „Die Anfragen steigen, und wir werden bald noch mehr im Programm haben, das passt zur Regionalität“, sagt Mohrmann. Die Württemberger Weingärtnergenossenschaften bieten diesmal ein Novum an: Rosé Royal ist der erste Wein, der von den Genossenschaften, die unter der Dachmarke „Weinheimat Württemberg“ vereint sind, gemeinsam verantwortet wird. Es ist ein lieblicher Rosé mit intensiven Aromen, der vor allem Frauen ansprechen soll. Getrunken werden kann der Wein in Laube 4 am Schillerplatz, die neben 26 Weinen auch Longdrinks und Cocktails anbietet.