Der Stuttgarter Ralf Kienle fährt seit bald 20 Jahren mit großer Freude Vespa. Im vergangenen Jahr hat er die Facebook-Gruppe „Vespafreunde Baden-Württemberg“ gegründet.

Stuttgart - Ohne den Italienurlaub 1996 wäre Ralf Kienle vielleicht gar nicht auf den Geschmack gekommen und er würde nun nicht vom einzigartigen Sound der Vespa schwärmen, die einfach so viel besser klinge als „diese Baumarktroller, die morgens um halb sechs am Haus vorbeifahren“. Ganz spontan wurde ihm damals auf Sizilien ein Vespa-Händler empfohlen. „Vespas haben mich schon immer interessiert. Der Verkäufer war ein guter Redner“, erzählt der Stuttgarter und lacht. Gleich drei Stück hat er mit nach Deutschland genommen, die Sitze seines Ford Transits habe er ausbauen müssen, erzählt er.

 

19 Jahre später dreht Kienle, der aus dem Oberpfälzischen kommt, mit einem seiner motorisierten Urlaubsmitbringsel noch immer begeistert seine Runden. „Sie ist volljährig“, sagt er und zeigt auf eine schwarze Vespa vom Modell PK 50 HP, die schon sichtbare Gebrauchsspuren aufweist. Ein Aufkleber, der aussieht wie ein Pflaster, überdeckt einen Kratzer, auf den Handgriffen züngeln blaue Flammen. „Es ist wie bei Hunden und deren Herrchen: Eine Vespa wird wie ihr Besitzer.“ Bei ihm müsse sie ein bisschen schlampig aussehen, andere putzten jedes Wochenende drei Stunden an ihrer Vespa herum. Regelrechte Fanatiker gebe es unter den Vespafahrern, er selbst ausgenommen: „Ich bin kein Typ, bei dem sich alles nur um Vespa dreht.“

Immerhin ist Kienle so passioniert, dass er 2014 die Gruppe „Vespafreunde Baden-Württemberg“ auf dem sozialen Netzwerk Facebook gründete. Heute zählt sie 267 Mitglieder, der überwiegende Teil von ihnen kommt aus Stuttgart und Umgebung. Vom Staatsanwalt bis zum Hartz IV- Empfänger sei alles dabei, das älteste Mitglied sei 63 und das jüngste 18, so Kienle. Allerdings überwiegen die Männer, und das, „obwohl es allgemein mehr Vespiste gibt“. Vespiste – so werden weibliche Fahrer bezeichnet, Vespisti sind die Männer. Viele von ihnen gewann er für die Gruppe, indem er sie direkt ansprach. Die Gelegenheit dazu ergebe sich schnell, wenn er irgendwo eine Vespa parken sehe. Wer bereits in einer ähnlichen Gruppe auf Facebook unterwegs sei, stoße ebenfalls schnell auf die Vespafreunde. So haben Heilbronn, Ulm, Reutlingen und Tübingen aktive Vespa-Clubs.

Im Mai wird „angerollert“, wie Vespafreunde sagen

Hauptsächlich organisiert Ralf Kienle für die Gruppe gemeinsame Ausfahrten. Die erste im Jahr, wenn die Temperaturen steigen, hat eine besondere Tradition unter Vespafahrern, die dann von „Anrollern“ sprechen. „Zur Eröffnung der Saison treffen wir uns alle zu einer großen Fahrt. Kommt der Winter, heißt es Abrollern“, erklärt Kienle. Das Anrollern für 2015 ist bereits groß angekündigt.

Am 3. Mai will man in Fellbach starten, ein Halt in einem Biergarten in Stuttgart ist geplant, bevor es weiter nach Sindelfingen geht. „Wir fahren versetzt in Kolonne und nehmen die ganze Fahrbahn ein. Meistens sind wir aber nicht mehr als 30, sonst verliert man leicht den Überblick“, sagt Kienle, der als sogenannter Leader vorne fährt und darauf achtet, dass alle zusammenbleiben. Manchmal halte er auch über Funk Kontakt zum Gruppenletzten oder es fahre noch ein Begleitfahrzeug mit. Bei den sechs Ausfahrten, die er bisher organisiert habe, sei es nie zu ernsthaften Zwischenfällen gekommen. Und selbst wenn mal ein Fahrzeug liegenbliebe – Kienle ist vorbereitet. „Einen Brems-, Gas- und Kupplungszug sollte man immer dabei haben“, sagt er, der schon bis nach Groningen in den Niederladen mit der Vespa gefahren ist. Als Freund des kultigen Rollers entwickelt man offenbar eine eigenwillige Idee von einer erfolgreichen Fahrt: „Das ist das Schöne: Man weiß nie, ob man ohne Pannen ankommt.“

Die Routen für die Gruppe plant er im Voraus, sticht sie auf Google Maps ab, wie er es formuliert, und unternimmt Testfahrten. „Fuffitauglich“ müssen die Strecken sein, also für Tempo 50 geeignet und ohne Autobahn. „Ich bin einer, der gern in die Pampa fährt. Es gibt aber auch Vespafahrer, die fahren vorzugsweise durch die Stadt, damit sie gesehen werden.“ Es gebe, wie Kienle sagt, eben Normalos und Fanatiker. Letztere achteten peinlichst darauf, welches Modell man fahre, wie groß es sei, ob umgebaut oder im Original. „In einer Gruppe ist es zum Beispiel nicht gern gesehen, wenn man mit einer Automatik ankommt“. Piaggio stellt die Kulträder erst seit Mitte der 1980er mit Automatik her, davor waren Vespas Schaltroller. Solche Zulassungskriterien gibt es bei den Vespafreunden Baden-Württemberg nicht. Im Gegenteil: „Die Gruppe soll noch größer werden.“