Die Autorin Elisabeth Kabatek hat bei der Runde „Lesezeichen“, die jetzt zum 100. Mal im Theater der Altstadt stattfand, ihre Lieblingslektüre vorgestellt.

Lokales: Sybille Neth (sne)

S-West - Immer am letzten Sonntag des Monats nimmt die Intendantin des Theaters der Altstadt, Susanne Heydenreich, auf einem der Barhocker Platz und begrüßt einen Gast aus der Stuttgarter Kulturszene. Vor den beiden liegt dann ein Stapel Bücher, denn der Gast präsentiert seine Lieblingslektüre. „Das sind Bücher, die das Regal nie wieder verlassen werden“, charakterisiert Heydenreich die Auswahl. „Es sind auch Bücher, mit denen wir groß geworden sind.“ Erlaubt ist, was gefällt – Romane, Biografien, Krimis, Lyrik, Abenteuergeschichten und Sachbücher – sogar Kochbücher waren schon dabei.

 

Lesezeichen sollen Lust machen

Am Sonntag feierte die Intendantin die 100. Ausgabe des „Lesenzeichen“, zu dem regelmäßig zwischen 50 und 60 vornehmlich weibliche Besucher ins Foyer des Theaters kommen. In der Pause steht das Frühstücksbüffet bereit, und gestärkt geht es dann in die zweite Runde. Dieses Mal ganz besonders beschwingt mit einem Glas Sekt für alle, denn schließlich gab es ja etwas zu feiern.

Das „Lesezeichen“ soll Lust machen auf das Buch. Bücherlesen – egal ob gedruckt oder als E-Book – sei absolut im Abwärtstrend, berichtete die Schriftstellerin Elisabeth Kabatek ziemlich schockiert über Statistiken der Verlage. „Unter den 20 Lieblingsbeschäftigungen der Deutschen kommt Lesen gar nicht mehr vor“, das sei ein aktuelles Umfrageergebnis. Die Gewinner sind demnach das Fernsehen, gefolgt vom Surfen im Internet und Radiohören.

An achter Stelle steht die Beschäftigung mit dem Partner. Kabatek machte daraufhin in ihrem eigenen Bekanntenkreis die Probe aufs Exempel. „Viele Leute, von denen ich dachte, dass sie viele Bücher lesen, sagten mir, dass sie nur noch im Urlaub dazu kämen“, sagte die Schriftstellerin, die mit ihrem Band „Laugenweckle zum Frühstück“ bekannt wurde und mittlerweile an ihrem sechsten Roman arbeitet. Eine Blitzumfrage im Publikum ergab, dass die „Lesezeichen“-Besucher ebenfalls ein weites Spektrum abdecken: Die Zurufe reichten von „Zwei“ bis „30 pro Jahr“.

Auch blutrünstige Vorlieben werden berücksichtigt

Elisabeth Kabatek hat in ihren Werken den Hang zum Komödiantischen, bevorzugt aber selbst tragische und ernste Themen, wie ihre Buchauswahl zeigte. So stellte sie zum Auftakt Charlotte Brontës „Jane Eyre. Eine Autobiografie“ von 1847 vor – ein Klassiker der viktorianischen Romanliteratur des 19. Jahrhunderts. Und wie noch bei einigen ihrer folgenden Tipps hatte die anglophile Schriftstellerin natürlich das englische Original bei sich. Besonders ans Herz legte sie dem Publikum den 29. Krimi der schottischen Autorin Val McDermid mit dem Titel „Der lange Atem der Vergangenheit“. Sie selbst lese keine Krimis, in denen Action und Gewalt im Vordergrund stehen, sagte Kabatek. „Ich habe Hochachtung vor Henning Mankell, aber ich kann das nicht lesen.“

Der Krimi der Schottin, die auf den ersten Blick bieder wirke, aber eine schillernde Persönlichkeit in der britischen Lesben-und Feministinnenszene sei, spielt während des Krieges in Ex-Jugoslawien. „Die Figuren sind vielschichtig“, lobte Kabatek. „McDermid hat ein größeres Publikum verdient.“ Beim Plaudern über die eher psychologischen (Kabatek) oder eher blutrünstigen Vorlieben bei Krimis (Heydenreich) stellte sich jedoch heraus, dass Val McDermid auch so brutale Bücher geschrieben hat, dass es selbst Susanne Heydenreich zuviel wurde. Und eine Zuhörerin bemerkte, dass sie bereits 20 Bände der Autorin gelesen habe. „Danach braucht man ein paar Tage, um wieder runterzukommen“, berichtete sie. Das „Lesezeichen“ liefert nicht nur Buchtipps, sondern wie im Falle McDermids, die Kabatek persönlich kennen gelernt hat, auch Anekdoten und Hintergründiges über Autoren. Und Heydenreichs professionelle Lesekostproben machen zusätzlich Appetit auf mehr.