Die Debatte um einen Neubau des Linden-Museums in Stuttgart zieht an. Im Wunsch nach einem „Haus der Kulturen“ sind sich sich viele einig. Nun nimmt der kulturpolitische Sprecher der Landes-SPD einen Bauplatz in Aussicht: auf der S-21-Gelände am Straßburger Platz. Baubeginn könnte 2022 sein.

Kultur: Adrienne Braun (adr)

Stuttgart - Viele buhlen um die zentralsten Plätze der Stadt: große Unternehmen, Politik und Verwaltung, aber auch Kulturinstitutionen. Sichtbarkeit und Erreichbarkeit sind wichtig, wenn man die Bevölkerung erreichen will. Das Linden-Museum Stuttgart hat es dagegen schwer. Das Haus steht abgelegen am Rande der City, und als sei das nicht Hürde genug für eine Kultureinrichtung, ist das Gebäude auch denkbar ungeeignet für einen Museumsbetrieb. Seit Jahren sind sich die Direktorin Inés de Castro und ihr Team, aber auch Politik und Verwaltung einig, dass das Linden-Museum entweder saniert werden oder einen Neubau bekommen sollte. Nils Schmid weiß auch schon, wo der stehen könnte: Auf dem S-21-Areal, direkt hinter den gläsernen Bullaugen des Bahnhofs am Straßburger Platz.

 

Der kulturpolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion möchte die Debatte vorantreiben und mahnt, zügig eine Entscheidung zu treffen, wie es mit dem Linden-Museum weitergeht. Bebauungsplan und Genehmigungen müssten in den kommenden Monaten in Angriff genommen werden, meint Schmid, damit man nach dem Rückbau der Gleise und der Inbetriebnahme des neuen Bahnhofs dann 2022 mit dem Bau beginnen könne. „Sonst läuft uns die Zeit davon“, so Schmid. „Für so ein komplexes Vorhaben sind sechs Jahre nichts.“

Auch wenn er nicht solche Eile geboten sieht, befürwortet der Stuttgarter Oberbürgermeister Fritz Kuhn, „wenn es für die Zukunft des Linden-Museums bald eine Grundsatzentscheidung gibt“. Auch Kuhn hält einen Neubau für die bessere Lösung und will im Gemeinderat „in Abwägung zu einer Sanierung dafür werben“. Eine Sanierung des Gebäudes am Hegelplatz und eine Erweiterung über die Straße in Richtung Universität würde laut einer Baukostenschätzung aus dem Jahr 2013 rund 60 Millionen Euro kosten, ein Neubau kommt auf schätzungsweise 77 Millionen Euro – zuzüglich der Grundstückskosten.

Auch Ministerpräsident Kretschmann stimmt zu

Ein Neubau wäre aber nicht nur „funktionsadäquat“, wie Nils Schmid sagt, sondern das Museum könnte künftig eine andere Rolle als bisher spielen. Der Ministerpräsident Winfried Kretschmann sprach sich kürzlich im Interview mit dieser Zeitung für ein „Haus der Kulturen“ aus, das sich auch Nils Schmid und Fritz Kuhn vorstellen könnten. „Ein gut gemachtes, modernes Haus ist für die Stadt ein gesellschaftlicher Ort des Lernens und der Begegnung“, so Nils Schmid. Für eine Einwanderergesellschaft sei das zentral.

Während Schmid dieses neue Haus der Kulturen direkt hinter dem Bahnhof ansiedeln möchte, will sich der Oberbürgermeister noch nicht auf einen konkreten Standort festlegen, ist aber ebenfalls überzeugt, dass das Linden-Museum „an eine prominente Stelle“ gehöre. Dafür biete sich das Gelände von Stuttgart 21 an, so Kuhn.

OB Kuhn will im Verbund entscheiden: Oper, Konzerthaus, Museum

Die Stadt will 2017 mit den Vorarbeiten zu einem Bebauungsplan des Areals beginnen, auf dem derzeit noch Schienen verlaufen. Bei der Debatte will Fritz Kuhn die Zukunft des Linden-Museums aber nicht isoliert betrachten. „Es gibt drei wichtige Grundsatzfragen, die zu entscheiden sind: Opernsanierung, Konzerthaus und Linden-Museum“, sagt Kuhn, „diese drei Projekte muss man zusammen erörtern und entscheiden.“

Das Linden-Museum wird je zur Hälfte von Stadt und Land finanziert, auch Grundstück und Museumsgebäude gehören hälftig den beiden Partnern. „Gut wäre, wenn sich Land und Stadt beim Thema LindenMuseum 2017 grundverständigen“, meint der Oberbürgermeister. Darum werde er sich bemühen. Nils Schmid ist überzeugt, dass das Land einen Neubau unterstützen wird. Mit einem solchen Projekt gebe man schließlich auch ein gesellschaftliches Statement ab, „es stünde Baden-Württemberg gut an“, so Schmid. Aber selbst wenn in diesem Jahr nun bereits eine Entscheidung fiele, müsste sich das Linden-Museum noch viele Jahre gedulden, bis es über ein sinnvoll bespielbares Haus verfügt. Mit der Zusage für einen Neubau könne man der Direktorin Inés de Castro und ihrem Team aber zumindest eine Perspektive geben, sagt Nils Schmid. „Dann wäre die Durststrecke vermittelbar.“