An diesem Donnerstag begeht Bayern den „Tag der Franken“. Ob sich Nürnberg aber eine Bewerbung als Kulturhauptstadt Europas im Jahr 2025 zutrauen möchte, ist noch nicht raus.

Manteldesk: Mirko Weber (miw)

München - Max Morlock, in Nürnberg geboren 1925 und in Nürnberg gestorben 1994, war nicht nur von Berufs wegen als Fußballspieler Stürmer, sondern auch lebenslang Dränger: wann immer zum Beispiel sein Nationalmannschaftskollege Fritz Walter, mit dem er 1954 Weltmeister wurde, in eine Art leichter Teilzeitdepression abzurutschen drohte, krempelte Max („Maxl“) Morlock die Trikotärmel hoch und versprach seinem Kapitän, „einen dollen Wirbel“ zu machen. Gleichzeitig war Morlock, wie viele seiner fränkischen Landsleute, ein ungeheuer treuer Mensch. Ihn ließ die Heimat nie fort. Als etliche Mitspieler längst in Italien das Geld scheffelten, spielte er am Ende noch in der Bundesliga – selbstverständlich lebenslang ausschließlich für den 1. FC Nürnberg.

 

Der zupackende Morlock kommt einem irgendwie gleich in den Sinn am heutigen Tag der Franken, der in Bayern (zu dem Franken seit 1806 gehört) erst seit dem Jahr 2006 begangen wird: noch das Ausrufen des Fests hatte etwas leicht Zögerliches. Durften sich die Franken trauen, daran zu erinnern, dass sie, ausgehend vom Augsburger Reichstag am 2. Juli 1500, bereits einen eigenen, wichtigen Kreis bildeten innerhalb des Heiligen Reichs Deutscher Nation? München war seinerzeit vergleichsweise ein Dorf.

Den Franken geht das Morlocksche Wirbel-Gen ab

Seit 2006 jedenfalls wird der Tag, ausgewiesen durch besondere Beflaggung im Freistaat und ein Landesfest in Ober-, Mittel- oder Unterfranken (heuer ist es in Erlangen), begangen, wiewohl nicht allzu laut und schon gar nicht derart krachert, wie er wohl in Oberbayern gefeiert würde. Es geht den Franken generell ein wenig das Morlocksche Wirbel-Gen ab, um es so zu sagen (was man, als Schwabe zumal, natürlich durchaus sympathisch und wesensverwandt empfinden kann).

An dieser Tatsache hat sich auch wenig geändert, seit der Nürnberger CSU-Politiker Markus Söder – den nun wieder ein sehr spezielles Söder-Gen auszeichnet – seiner Stadt ein so genanntes Heimatministerium spendierte. Selbst Eingeweihte und Mitarbeiter vor Ort wissen noch nicht ganz genau, was man damit anfängt, außer, dass Söder hier eine Art von fest installierter Showbühne vorfindet, die er mit sich bespielt, wenn ihm danach ist. Dass Nordbayern insgesamt schlechter gestellt ist als der Süden, lässt sich trotzdem kaum verbergen: die Arbeitslosigkeit in Gesamtfranken ist deutlich höher als im Rest des Landes, die Bevölkerungszahlen nehmen ab – und da ist dann noch die Randlage zu Tschechien, die ein Wirtschaften nicht leichter macht.

Vor diesem Hintergrund scheint es - Tag der Franken hin, Tag der Franken her – gar nicht so verwunderlich, dass selbst die an sich stolze Stadt Nürnberg gerade eher im Zweifel ist, ob sie sich zu einer Bewerbung um den Titel Kulturhauptstadt Europas 2025 durchringen soll. Eine deutsche Kommune ist in diesem Jahr auf jeden Fall dran, und wie man hört, sind die Bemühungen bei den mutmaßlichen Konkurrenten Magdeburg und Dresden schon ungleich weiter gediehen. Derweil sitzen Nürnbergs Entscheider aus Kultur und Politik noch auf Podiumsdiskussionen und zeigen sich zögerlich. Was, wenn Nürnberg nicht gewollt wird? Ein wenig verstörend sind solche Selbstzweifel für bestens integrierte Zugezogene, wie zum Beispiel den Staatsintendanten und Operndirektor Peter Theiler, der aus Basel stammt. Wer, wenn nicht Nürnberg, so Theiler, mit dem Germanischen Nationalmuseum, zwei Orchestern, womöglich demnächst einem neuen Konzertsaal, dem Dokumentationsgelände Reichsparteitag, Albrecht Dürer etcetera (und nicht zu reden von Bayreuth und Bamberg vor der Haustüre) – wer also, wenn nicht Nürnberg, könne sich wohl um einen solchen Titel bewerben?

Theiler hat unbedingt Recht. Nürnberg bräuchte, nicht nur am Tag der Franken, eine Extraportion Morlockschen Mumm.