Der klassische neunjährige Weg zum Abitur führt über die beruflichen Gymnasien, sagt Kultusministerin Susanne Eisenmann. Die Doppelangebote von G 8 und G 9 am allgemeinbildenden Gymnasium hält sie für nicht sinnvoll. Zur Ausweitung von G 9 hat sie eine klare Meinung.

Stuttgart - Das achtjährige Gymnasium wird schlechter geredet als es ist, findet Kultusministerin Susanne Eisenmann (CDU). Sie zweifelt am Sinn der G9-Standorte.

 
Frau Eisenmann, 2012 hat der erste G8-Jahrgang in Baden-Württemberg flächendeckend Abitur gemacht. Doch die Diskussion darüber ist nie ganz abgeebbt. Bekennt sich die Politik nicht in ausreichendem Maß zu G8?
Ich kann für Baden-Württemberg sagen, dass wir uns klar zu G8 bekennen. Das ist die Grundlage für unser allgemein bildendes Abitur. Daran wird sich in dieser Legislaturperiode auch nichts ändern.
Sie haben das G9 Angebot verlängert. Halten Sie damit der CDU ein Hintertürchen offen, G9 weiter auszudehnen, sei es nach der nächsten Landtagswahl?
Es ist kein Hintertürchen. Die Verlängerung ist ein Beitrag zu mehr Verlässlichkeit und Ruhe im Bildungssystem. Wir bekennen uns zu dem, was wir haben. Die 44 Standorte haben Planungssicherheit verdient. Die erste Tranche läuft jetzt bis 2023/24, die zweite bis 24/25.
Vor der Landtagswahl 2016 wollte die CDU mehr G9 Angebote machen. Gilt das noch?
Dafür gibt es momentan überhaupt keine Tendenzen. Was nach der nächsten Wahl ist, wird dann diskutiert. Es gibt auch viele Bekenntnisse zu G8. Viele Eltern und Schüler sind mit G8 zufrieden. Mit dem achtjährigen Gymnasium liegen wir zudem absolut im internationalen Standard. Die internationale Vergleichbarkeit war im wirtschaftsstarken Baden-Württemberg bei der Einführung von G8 zu Recht ein Thema. Im internationalen Vergleich ist das neunjährige Gymnasium die absolute Ausnahme.
Der internationale Vergleich war ein Argument. Die Befürworter sagten auch, die deutschen Absolventen seien zu alt. Gibt es heute noch Argumente für G8?
Als Anfang der 2000er die Entscheidung getroffen wurde, hat man zwei Entwicklungen nicht abgesehen: die Tendenz zum Teil schon mit fünf Jahren einzuschulen und den Wegfall der Wehrpflicht. Die Grundlage hat sich in der Hinsicht verändert. Im internationalen Vergleich bleibt G8 dennoch Standard. In einer immer globalisierteren Welt ist die Konkurrenzfähigkeit mit anderen Ländern nicht zu vernachlässigen.
Die Universitäten beklagen mangelnde Studierfähigkeit und bieten immer mehr Vorbereitungskurse an. Wäre es nicht sinnvoller, alle länger zur Schule gehen zu lassen?
Auf diese Vorschläge reagiere ich mäßig begeistert. Auch die Hochschulen sind in der Pflicht. Ich wünsche mir manchmal schon, dass manche, die sich damals mit großer Verve an der Diskussion beteiligt haben, sich auch heute noch daran erinnern, was sie einmal gesagt haben. Auch aus dem Ausland sind mir keine Klagen über jüngere Bewerber bekannt.
Mit den beruflichen Gymnasien gibt es in Baden-Württemberg ja bereits G9. Wäre es nicht konsequent zu sagen, wir haben zwei Wege zum Abitur: Den achtjährigen am allgemein bildenden Gymnasium und den neunjährigen über Realschule und berufliches Gymnasium?
Exakt. Die Parallelität der Angebote im allgemein bildenden Gymnasium ist aus meiner Sicht nicht sinnvoll. Die beruflichen Gymnasien bieten seit Jahrzehnten flächendeckend G9 mit hoher Qualität und hoher Bedeutung. Das ist der klassische Weg des neunjährigen Gymnasiums im Land.