Neun Meter hoch wird eine Frauenskulptur des Backnanger Künstlers Gregor Oehmann für die Schau „Köpfe am Korber Kopf“. Derzeit werkelt er in einem umgebauten Kuhstall in Strümpfelbach daran.

Backnang - Zapfig kalt ist es in Gregor Oehmanns Werkstatt. Aber es hilft ja nichts – das Kunstwerk für die Freiluft-Skulpturenschau „Köpfe am Korber Kopf“ muss fertig werden. Deshalb steht Oehmann trotz Minusgraden im dicken Strickpulli und mit einer Wollmütze auf dem Kopf in dem umgebauten Kuh- und Schweinestall in Backnang-Strümpfelbach. Und er arbeitet sich, eine Kettensäge in den Händen, Meter für Meter nach oben – hinauf in Richtung Stalldecke. Himmelwärts geht es also, und so hat Oehmann seine Skulptur einer Frau mit äußerst ausladender Frisur auch betitelt.

 

Wenn sie denn fertig ist, wird Frau Himmelwärts vom Boden bis zur obersten Haarspitze gut neun Meter groß sein, schätzt Gregor Oehmann. Allein die sich senkrecht nach oben schlängelnde Haarpracht misst gute sechs Meter. „Den Zopf werde ich wahrscheinlich anmalen, aber ich weiß noch nicht, in welcher Farbe“, meint der Künstler. Der Rest der Figur, die er dieser Tage mit Kettensäge, Flex, Schnitzeisen und Stechbeitel aus einem rund zehn Meter langen Eichenstamm herausschält, bleibt unbehandelt. „Wie viele Jahre die Skulptur übersteht, kommt auf das Holz und den Standort an“, sagt Oehmann. Eines aber sei jetzt schon sicher: „Sie ist nicht für die Ewigkeit.“

Der Stamm hält Überraschungen bereit

Gregor Oehmann schmeißt die Kettensäge an. Späne fliegen, es riecht nach verbranntem Holz. „Eichenholz ist besonders hart“, sagt der Backnanger, während er mit der Säge erste grobe Gesichtszüge formt. Mit Schnitzwerkzeugen und dem Knüpfel, einem hölzernen Utensil, das einem Hammer gleicht, wird er später Augen, Mund und Nase seiner Skulptur im Detail herausarbeiten. „Das Gesicht entsteht nach und nach“, erklärt Gregor Oehmann und schimpft kurz darauf, als er beim Sägen auf ein Astloch stößt, das ausgerechnet im Bereich des Mundes zum Vorschein kommt. „Solche Überraschungen, zum Beispiel Astlöcher oder Hohlräume, können bei einem Baumstamm immer auftauchen“, sagt er. Manchmal ist das ein wenig ärgerlich, manchmal aber auch inspirierend.

Seine Frauenfigur hat Gregor Oehmann zunächst im Liegen bearbeitet. Dann hat er den gewaltigen Stamm mithilfe von zwei Flaschenzügen aufgestellt. Weil der Baum länger ist als die Scheunendecke hoch, musste der Künstler ein Loch in die Decke machen. Durch diese Lücke hat er dann mit viel Geduld Frau Himmelwärts’ Haarspitze bugsiert – ein bisschen so wie einen Faden durch ein Nadelöhr. „Ich habe mir, ehrlich gesagt, nicht die leisesten Gedanken gemacht, wie man die Skulptur mal transportiert“, gibt Oehmann zu. Das Kapitel wird spätestens im April ein Thema, wenn „Himmelwärts“ sich auf die Reise nach Korb macht, wo sie mit weiteren Skulpturen ihren Platz auf dem Skulpturenweg am Korber Kopf einnehmen wird.

Anfrage des Kuratorenehepaars Messer

Ruth und Guido Messer sind die Kuratoren der Schau, die in diesem Jahr zum elften Mal auf dem Hausberg der Gemeinde Korb stattfindet. „Die Messers haben mich angesprochen, ob ich daran teilnehmen möchte“, sagt Oehmann. Er hat nicht lange gezögert – schließlich dreht sich der Skulpturenrundgang um ein Thema, das ihn seit vielen Jahren beschäftigt: Köpfe sind eine Herzenssache für Gregor Oehmann. Schon als Jugendlicher habe er gerne und häufig Porträts gezeichnet, erzählt der Mann, der auch der Chef von Professor Pröpstls Puppentheater im Backnanger Bandhaus ist. Nach dem Zivildienst packte er seine Stereoanlage in einen VW-Bus und gurkte ins italienische Carrara: „Da habe ich mich in einem Studio eingenistet, zum ersten Mal in Stein gearbeitet, und mir die Flossen blutig geklopft.“ Vier metergroße Steinköpfe sind damals entstanden. Und nun also Holz. „Ich muss mich reinhängen“, sagt Gregor Oehmann und schaltet seine Kettensäge wieder an.