Im sanierten Stuttgarter Landtag sollen Kunstwerke zu sehen sein, den Wettbewerb dafür hat das Land nun allerdings abgeblasen. 99 Künstler hatten sich eigentlich schon dafür beworben – und sind jetzt sauer und enttäuscht.

Klima/Nachhaltigkeit : Thomas Faltin (fal)

Stuttgart - Stolze 100 000 Euro möchte das Land mitten in Stuttgart für Kunstwerke ausgeben: In einem Wettbewerb waren Kunstschaffende aufgefordert worden, Ideenskizzen für den Landtag und das benachbarte neue Bürger- und Medienzentrum einzusenden. 99 Künstler sind dieser Aufforderung gefolgt, doch vor wenigen Tagen haben alle einen Brief mit sechs dürren Sätzen erhalten: Keiner der Entwürfe habe eine „Stimmenmehrheit in der Kunstkommission“ erhalten, so dass der Wettbewerb „aufgehoben“ worden sei, teilte der zuständige Landesbetrieb Vermögen und Bau mit. Eine inhaltliche Begründung erhielten die Einsender nicht.

 

Finanzministerium gibt sich schmallippig

Auch auf Nachfrage gibt sich das Finanzministerium, zu dem Vermögen und Bau gehört, schmallippig. Die Kunstkommission habe „nach fachlicher Einschätzung keine qualitätsvollen, der Architektur und der Bedeutung des Landtags adäquaten Entwürfe unter den eingereichten Vorschlägen identifizieren können“, schreibt die Sprecherin des Ministeriums, Michaela Reiter. Nachfragen wurden nur vage beantwortet.

Die Kunstschaffende Theresia K. Moosherr aus Bad Schussenried, die sich mit großen Holzskulpturen an dem Wettbewerb beteiligt hatte, gibt gerne eine persönliche Übersetzung des Kanzleitrostes: „Keiner der 99 Künstler war der Jury gut genug – und alle stehen jetzt als Idioten da“, sagt sie. Die Kommission stelle der Kunstszene im Land ein Armutszeugnis aus. Moosherr, die in Stuttgart drei „Wasserhüterinnen“ am Neckar in Bad Cannstatt aufgestellt hat und derzeit an Skulpturen aus gefällten Stuttgart-21-Bäumen arbeitet, kann es einfach nicht glauben, dass unter so vielen Einsendungen nicht eine qualitätsvolle Ideen dabei gewesen sein sollte.

Daneben kritisiert sie auch die – stattliche 36 Seiten umfassende – Ausschreibung. Jeder durfte anonym nur eine Ideenskizze auf höchstens zwei Seiten einreichen; Modelle oder Videos waren nicht erlaubt. „Niemand kann ein Projekt oder einen Kunstschaffenden nach einer einfachen Zeichnung beurteilen“, sagt Moosherr.

Zu der zweiten Stufe des Wettbewerbs kommt es nicht

Erst in einer zweiten Stufe hätten dann zehn ausgewählte Künstler ihr Projekt persönlich vorstellen dürfen; dazu kommt es jetzt aber nicht mehr. In der Kunstkommission sitzen bis zu zehn Personen; neben Vertretern des Landesbetriebs und des Ministeriums gehören dazu auch die Architekten von Landtag und Bürgerzentrum, zwei Personen aus Kunstmuseen sowie zwei freiberuflich tätige Künstler.

Kunst am Landtag soll es aber dennoch geben, betont Michaela Reiter. Man bereite einen zweiten Wettbewerb „unter veränderten Rahmenbedingungen“ vor, um zu besseren Ergebnissen zu gelangen – wie diese neuen Kriterien aussehen, sei aber noch nicht klar. Den jetzigen Bewerbern hat man nicht mitgeteilt, dass eine zweite Runde geplant ist; vermutlich war deren Teilnahme nicht mehr gewünscht.

Insgesamt vier Orte sind am Landtag vorgesehen für die „Kunst am Bau“. Das sind Teile des Akademiegartens, das zweite Stockwerk im Landtag, der Übergang zum neuen Bürger- und Medienzentrum sowie das dortige Foyer. Welche Art von Kunst zu sehen sein soll, war in der Ausschreibung bewusst offen gelassen worden.

Das Gebäude soll Anfang 2017 fertig sein

Die Sanierung des Landtages soll im kommenden März beendet sein; insgesamt 52,1 Millionen Euro gibt das Land dafür aus. Die Bauarbeiten für das Bürgerzentrum, das zwischen Landtag und Konrad-Adenauer-Straße entsteht, hat im Frühjahr begonnen; im Moment ist dort erst die große Baugrube zu sehen. Das Gebäude, das wie ein Amphitheater im Boden vertieft sein wird, soll Anfang 2017 fertig sein. Die Kosten liegen – nach einer zwischenzeitlichen Verteuerung und einer nachfolgenden Sparrunde – wieder bei 17,5 Millionen Euro. Dass der erste Wettbewerb für die „Kunst am Bau“ nun abgeblasen ist, gefährde den Zeitplan für das Gesamtprojekt nicht, so das Finanzministerium.