Das Stuttgarter Label viel.stil macht aus kaputten Decks individuelle Kunstwerke. Der Upcycling-Gedanke steht dabei im Vordergrund, genauso wie der Spaß an der Sache. Wir haben die drei Kreativköpfe zum Talk getroffen. 

Stadtkind: Tanja Simoncev (tan)

Stuttgart - Nadine Hensinger, Stephanie Hoffmann und Milan Groß verbindet nicht nur eine lange Freundschaft und die Leidenschaft fürs Boarden und Fotografieren, sondern auch ihr gemeinsames Kunst-Projekt "viel.stil". Im Januar dieses Jahres hatten die Surf-Fans das Label ins Leben gerufen und präsentieren es mittlerweile auf vielen Messen und Märkten.

 

In erster Linie geht es dabei um kaputte und nicht mehr verwendbare Skateboards beziehungsweise Decks, die von den drei Stuttgartern kunstvoll wiederbelebt werden, aber vor allem auch um einen Upcycling-Gedanken, der Kreativität mit Nachhaltigkeit kombiniert. Momentan sei es "ein Hobby, das sehr viel Spaß macht", sagt Nadine, "doch wer weiß, was sich daraus noch entwickelt."

Deko als Verkaufsschlager

Dass es einmal so weit kommen würde, hätten die Gründer am Anfang nicht gedacht. Schließlich sei das Kunst-Label eigentlich aus einem ganz simplen Gedanken heraus geboren. "Die Fotos, die wir auf unseren Surf- und Winter-Trips gemacht hatten, sollten nicht einfach in irgendwelchen Kisten verschwinden. Wir dachten uns: Es wäre doch schade, wenn wir nichts daraus machen." Kurz darauf wurde das kreative Trio außerdem von einem Skateshop in Waiblingen angesprochen, ob sie den Laden nicht cooler gestalten könnten. Side-Fact: Stephanie ist Innenarchitektin, Milan Architekt und Nadine hat Marketing studiert.

Und so lag die Idee nahe, eine coole Shop-Deko aus alten Boards zu basteln und diese mit Fotos von den Reisen zu versehen - gleichzeitig konnte man die Bretter damit auch recyceln, der Gedanke gefiel den drei Kreativköpfen. Und da Milan bereits Erfahrung mit dem Transfer-Verfahren (kommt aus der Architektur), das Bilder auf Holz überträgt, gesammelt hatte, konnte eigentlich nichts mehr schief gehen. "Und wir dachten uns nur: Warum wenden wir es nicht auf Decks an und dann haben wir das einfach mal probiert", sagt Milan. 

Aber wie kommt man an die ganzen Boards ran? "Zum einen durch den Stuttgarter Skatevertrieb, aber auch über Ebay oder Stuttgarter Skater", erklärt Stephi. Es würde sich dabei meist um Reklamationsdecks handeln, Bretter, für die es ansonsten keine Verwendung mehr gibt. "Und mit denen haben wir am Anfang lange herumexperimentiert." Doch das Ergebnis konnte sich sehen lassen und der Gestaltung des Shops stand nichts mehr im Weg. "Die Idee dahinter war ja, es wie eine Kunstausstellung im Skateshop wirken zu lassen, was es im Grunde auch war. Kunst und Skateboards gehen einfach gut zusammen." Und plötzlich prasselten Anfragen auf die Label-Chefs ein, die Leute wollten die Skateboards kaufen und so wurde die Deko zum Verkaufsschlager.

Von der Straße an die Wand

"Dann ging eigentlich alles ganz flott", erinnert sich Nadine. Immer mehr Bretter wurden bearbeitet, bedruckt und verkauft. Zuletzt kamen die individuellen Motive der Kunden dazu, also Fotos von außen, die den drei zugesendet werden können genauso wie speziell angefertigte Halterungen für die Befestigung der Bretter. Mittlerweile tummeln sich Nadine, Stephanie und Milan auf vielen Design-Messen und -Märkten in der Region, haben der Westallee in Stuttgart-West einen Besuch abgestattet und in München das Surf- & Skate-Festival aufgemischt. "Da waren Hawaiianer, Australier und wir", so das Trio lachend.

Kein Wunder, musste da mindestens genauso schnell ein Name her. "Da lag viel.stil einfach nahe, zum einen, weil das Produkt viel Stil hat, zum anderen sind in einem Deck ja auch viele verschiedene Holzstile und Holzschichten verarbeitet. Die einen Boards sind aus Ahorn, die anderen aus Eiche, eben auch viele verschiedene Holzsorten." Und es beweist mit Sicherheit auch Stil, der Umwelt etwas Gutes zu tun. "Etwas Altes nicht einfach wegzuwerfen, sondern ein schönes, neues Produkt daraus zu kreieren - das ist Kunst." 

Die Boards hätten schließlich auch etwas erlebt, wurden als Sportprodukt genutzt, hätten eine eigene Geschichte, eigene Macken. "Jedes Brett wurde anders gefahren, eines nur ein Jahr lang, ein anderes zehn Jahre lang und das von vielen verschiedenen Menschen." Dass das Kunstprodukt, das am Ende daraus entsteht, insbesondere mit den eigenen Fotografien der Kunden, ein Unikat ist, steht außer Frage.  

The Pigeon Plan

Und noch etwas steht fest: viel.stil hilft, wo es kann. Aktuell kooperiert das Label mit dem Hilfs-Projekt "The Pigeon Plan". Dieses wurde ins Leben gerufen, mit dem Ziel, gebrauchte Skateboards an ärmere Kinder aus Deutschland und den Townships in Südafrika zu verteilen, die sich keine Skateboards leisten können. "The Pigeon Plan" bietet den Kids außerdem Skate-Workshops an, um sie aus ihrem problematischen Alltag zu holen und ihnen das Gefühl von Freiheit und Gemeinschaft zu vermitteln.

Dass die Kids in ihrer Persönlichkeit gestärkt werden, ein Selbstbewusstsein für alltägliche Situationen entwickeln und den Zugang zu einer Leidenschaft fernab von Normen und Regeln erhalten, überzeugte viel.stil sofort. Das Kunst-Projekt produzierte für "The Pigeon Plan" limitierte Charity-Kunstboards mit bislang unveröffentlichten Fotografien. Der Erlös der Produkte geht dabei zu 100 Prozent an das Projekt.

Mehr Infos über den Online-Shop von viel-stil gibt es auf Facebook und Instagram.