Matthias Winzen leitet das ungewöhnliche Museum für „Kunst und Technik des 19. Jahrhunderts“ in Baden-Baden. Derzeit zeigt eine Ausstellung, wie die neuen Maschinen vor 200 Jahren von den Karikaturisten aufgespießt wurden.

Baden-Baden - Es war ein Grillfest, auf dem Matthias Winzen (55) zu einem neuen Job kam: Der Unternehmer und Mäzen Wolfgang Grenke fragte den damaligen Leiter der Kunsthalle in Baden-Baden zwischen Bier und Wurst, ob er ihm ein Konzept für ein neuartiges Museum erstellen könne. Winzen konnte, und geworden ist daraus 2009 etwas Einzigartiges in ganz Deutschland: Das neue Museum in der Lichtentaler Allee erforscht die Beziehungen zwischen Kunst und Technik im 19. Jahrhundert.

 

Was sich abstrakt anhört, führt in Wirklichkeit tief in das Denken der Menschheit. An der jetzt eröffneten Ausstellung „Technische Paradiese“ lässt sich das zeigen. Es geht darum, wie die Karikaturisten vor 200 Jahren mit der sie überrollenden technischen Revolution umgingen. Waren die neuen Maschinen eine Art Tier („Dampfross“), waren sie Frevel an der Natur, oder verhießen sie gar eine in sozialistischem Sinne fast religiöse Erlösung von aller Arbeit? Die Satiriker schütteten ihren Spott aus – und sorgten so erst recht dafür, dass die Menschen ihre Ängste verloren und sich an die Maschinen gewöhnten.

Je mehr Maschinen es gibt, umso weniger Zeit haben wir

Matthias Winzen erforscht in Baden-Baden also die Geistesgeschichte der Technik – und dem ebenso lebenslustigen Kölner wie tiefgründigen Kunsttheoretiker fehlt es nicht an philosophisch-bodenständigen Sprüchen. Das Wichtigste an einer Maschine sei nicht ihre Funktion, sondern ihre Ambivalenz, sagt er etwa. Denn: „Eine Maschine entlastet den Menschen, aber dadurch enteignet sie ihn auch. Wenn ich keine Muskelkraft mehr für eine Arbeit einsetze, muss ich anfangen, Ausgleichssport zu machen.“ Und sowieso: je mehr zeitsparende Maschinen wir erfänden, um so weniger Zeit hätten wir. Darüber lohne sich, mal nachzudenken.

Auch er selbst weiß ein Lied davon zu singen: Im Hauptberuf ist Winzen nämlich ordentlicher Professor für Kunstgeschichte und Kunsttheorie an der Hochschule der Bildenden Künste in Saarbrücken. Auch er benötigt also häufig eine motorbetriebene Maschine, um zwischen Saar und Oos zu pendeln. Die neue Ausstellung in Baden-Baden läuft noch bis zum 5. März.