Am 9. Mai, beginnt die Biennale in Venedig. Der Deutsche Pavillon wird vom Institut für Auslandsbeziehungen betreut. Seine Bespielung ist ein logistisches Großprojekt

Kultur: Adrienne Braun (adr)

Stuttgart - Könnte man sich bewerben, würden sich die Mappen der Kandidaten vermutlich stapeln. Es mag viele schöne Ausstellungsprojekte im Leben eines Kurators geben, aber das ist der Höhepunkt, der Ritterschlag im Kunstbetrieb: der Deutsche Pavillon auf der Biennale von Venedig. Nicht nur für Künstlerinnen und Künstler ist es die Krönung der Karriere, sondern auch für Kuratoren. Am 9. Mai wird die 56. Kunstbiennale von Venedig eröffnet – und diesmal ist Florian Ebner zuständig für das Konzept. Er wurde vom Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier offiziell berufen. Das Auswärtige Amt stellt einen Kunst- und Ausstellungsausschuss zusammen, in dem Vertreter der Kunst- und Museumslandschaft sitzen. Und diese schlugen diesmal Ebner vor, der am Museum Folkwang in Essen die Fotografische Sammlung leitet.

 

Aber die Bespielung des Deutschen Pavillons ist nicht nur eine große Ehre, sondern auch ein logistisches Großprojekt, das ein einzelner Kurator in der Kürze der Zeit kaum stemmen könnte. Deshalb liegt die Verantwortung für den Deutschen Pavillon seit mehr als vierzig Jahren beim Institut für Auslandsbeziehungen (Ifa). Ob es die Ausstellungen von Isa Genzken, Gregor Schneider oder Ai Weiwei waren, alles läuft über Stuttgart. „Wir haben die finanzielle Verantwortung“, sagt Elke aus dem Moore, die im Ifa Stuttgart die Abteilung Kunst leitet. Florian Ebner kann sich ein freies Produktionsteam suchen. „Kuratoren brauchen oft eine persönliche Assistenz oder auch eigene Kontakte zu einer Presseagentur“, sagt Elke aus dem Moore, „aber das Controlling geht von Stuttgart aus.“

Der Deutsche Pavillon ist erfolgreich

Inhaltlich können die Kuratoren frei schalten und walten. „Es herrscht absolute künstlerische Freiheit, wie dieser Pavillon bespielt wird“, sagt Elke aus dem Moore. Trotzdem gebe es einen engen Austausch. „Es ist nicht verschriftlicht“, aber im Notfall habe sie die Möglichkeit, ein Veto einzulegen. „Ich agiere nicht wie ein Korrektiv, aber ich habe es im Blick“, sagt sie. Mit dieser Mischung aus künstlerischer Freiheit und konzeptionellem Austausch scheint man gut zu fahren, denn der Deutsche Pavillon ist erfolgreich. Dreimal wurde er schon mit einem Goldenen Löwen ausgezeichnet, zuletzt 2011, als die Frankfurter Museumsdirektorin Susanne Gaensheimer Christoph Schlingensief posthum präsentierte. Dabei ist der Wettbewerb der Nationen eigentlich überholt. Regionale Identität ist in der Kunst keine relevante Kategorie mehr und der Betrieb agiert längst international. Die Biennale von Venedig ist die letzte, bei der die verschiedenen Nationen noch miteinander konkurrieren. „Dennoch ist die Biennale nicht überflüssig geworden, es liegt vielmehr ein unglaublicher Reiz in dieser Wettbewerbssituation“, meint Elke aus dem Moore.

Für Florian Ebner ist seine Berufung durchaus eine „problematic honour“, wie er es nennt. Denn das Gebäude selbst, eine Liegenschaft des Auswärtigen Amtes, ist immer wieder eine Herausforderung für die Kuratoren und Künstler. Der Pavillon wurde Anfang des 20. Jahrhunderts gebaut und 1938 von den Nationalsozialisten umgestaltet. Seither erinnert dieser monumentale Minikoloss mit seinen mächtigen Pfeilern schmerzlich an das Dritte Reich. „Der Deutsche Pavillon ist aufgeladen mit Geschichte und radikalen künstlerischen Statements“, meint Ebner, findet es aber „spannend“, sich darauf einzulassen.

Suche nach Sponsoren

Während vor Ort mit einem italienischen Team gearbeitet wird, ist das Ifa in Stuttgart vor allem auch beim Geld gefragt. Die Hauptfinanzierung des Pavillons übernimmt das Auswärtige Amt, trotzdem müssen die jeweiligen Kuratoren und das Ifa noch auf Finanzierungssuche gehen. „Es muss noch ungefähr die Hälfte eingeworben werden – je nach Konzeption“, sagt Elke aus dem Moore. Die Unterstützung durch Sponsoren ist aber eine unsichere Sache. „Bei dem Beitrag von Ai Weiwei waren wir schon im Kontakt mit einem großen Automobilkonzern, der sich bei der Benennung des Künstlers dann doch zurückgezogen hat“, sagt aus dem Moore. Deshalb hat sie einen Freundeskreis eingerichtet, in dem sich Privatpersonen für den Deutschen Pavillon verlässlich engagieren.

Aber es braucht noch mehr Unterstützung – nämlich dann, wenn die oder der gewählte Kurator fest angestellt ist. „Ob der Kurator freigestellt wird, das muss er selbst verhandeln“, sagt aus dem Moore, in der Regel würden die Museen aber gern zum Partner. Ebners Chef, Tobia Bezzola, zeigte sich in jedem Fall erfreut über die Wahl seines Mitarbeiters.

Logistische Herausforderung

Florian Ebner wird nun Jasmina Metwaly und Philip Rizk ausstellen, Olaf Nicolai, Hito Steyerl und Tobias Zielony. Gut fürs Ifa, denn bei der letzten Kunstbiennale haben Deutschland und Frankreich ihre Pavillons getauscht. „Das war eine logistische Herausforderung“, sagt Elke aus dem Moore, „die Bürokratie, die hinter dem Pavillon steht, ist enorm.“ Ihr einschneidendstes Erlebnis war aber die Zusammenarbeit mit Christoph Schlingensief, der während der Vorbereitungen starb. „Wie Susanne Gaensheimer es geschafft hat, diese Vielstimmigkeit des Teams zusammenzuführen und daraus eine Präsentation zu machen, das fand ich eine herausragende Leistung.“

Wenn die Biennale am 22. November wieder schließt, wird die Suche nach einem Kurator für 2017 bereits in vollem Gange sein, auch wenn im nächsten Jahr erst einmal die Architekturbiennale ansteht. Sie wird nicht vom Ifa verantwortet, sondern vom Bundesministerium für Umwelt, Naturschutz, Bau und Reaktorsicherheit – und anders als in der Kunst können sich hier Architekturbüros und Kuratoren mit Konzeptionen bewerben.