In vier Monaten endet der Mietvertrag von Contain’t auf dem Areal des alten Güterbahnhofs in Bad Cannstatt – das Gelände wird für den Naturschutz benötigt. Jetzt wollen die Grünen den Kulturbetrieben im Neckarpark mehr Zeit geben.

Stuttgart - Die geplante Bebauung des Neckarparks mit rund 400 Wohnungen und das damit verbundene Ende der dort ansässigen Kulturbetriebe beschäftigt erneut die Politik. In einem Antrag forderten die Grünen im Stuttgarter Gemeinderat kürzlich, die Ateliergemeinschaft Contain’t sowie die Kulturinsel auf dem Gelände am alten Güterbahnhof so lange wie möglich zu erhalten. Die Mietverträge der Einrichtungen laufen Ende 2015 (Contain’t) beziehungsweise Ende 2016 (Kulturinsel) aus. Mit der Bebauung auf dem Areal soll allerdings erst im Jahr 2019 begonnen werden.

 

Da die Verhandlungen mit den städtischen Ämtern wohl recht zähl verliefen, konnte Contain’t erst im vergangenen Jahr mit Veranstaltungen loslegen. Für jede wird weiter eine Sondergenehmigung benötigt, die sechs Wochen vorher mit detaillierten Belegungsplänen beantragt werden muss. Bis vor wenigen Wochen waren zudem auf dem Contain’t-Gelände noch Eidechsen angesiedelt, weshalb die geplante Ateliergemeinschaft erst jetzt verwirklicht werden kann. „Ob es sich dann für Interessenten lohnt, hier für nur noch vier Monate einen Container hinzustellen, ist fraglich“, sagt Marco Trotta, der Sprecher des Vereins Contain’t. Darum pocht auch er darauf, dass die Stadt eine Verlängerung des Mietvertrags prüft.

Die Eidechsen könnten später umgesiedelt werden

Die Eidechsen wurden nun auf die brachliegende Fläche zwischen dem Contain’t-Gelände und der angrenzenden Halle, die im nächsten Jahr abgerissen werden soll, vertrieben. Doch laut Bebauungsplan sollen sie Ende 2016 erneut an ihren endgültigen Bestimmungsort am Bahndamm umgesiedelt werden. Auf dem Weg dorthin ist ein weiterer Zwischenstopp der geschützten Tiere auf dem kürzlich erst von Eidechsen befreiten Contain’t-Gelände geplant. Björn Peterhoff, Stadtrat von den Grünen, plädiert für eine erneute Prüfung des Vorhabens zu Gunsten der Kulturinstitution: „Die Ateliernutzung startet erst jetzt. Es wäre bitter, wenn am Ende des Jahres hier schon wieder Schluss wäre.“

Mit ihrem Antrag will die Fraktion erreichen, dass andere Möglichkeiten geprüft werden, zum Beispiel, dass die Eidechsen östlich und südlich des heutigen Planungsgebiets einen vorübergehenden Lebensraum erhalten. Eine Begehung des Geländes mit Fachleuten ergab, dass bei ausreichend großen Ausweichflächen eine artgerechte Umsiedlung möglich sei. „Wir wollen keine dauerhafte Verlängerung, aber eine Nutzung der Flächen bis zum letztmöglichen Zeitpunkt“, sagt Peterhoff.

Die Kulturinsel

Der Antrag von Contain’t im Bürgerhaushalt 2015 – das Mietverhältnis soll bis zum letztmöglichen Zeitpunkt verlängert und der Leerstand von Flächen vermieden werden – hatte es bis auf Platz 18 des Bürgerbeteiligungs-Rankings geschafft. Der Stadtverwaltung ist es aber laut Stellungnahme nicht möglich, den Mietvertrag über den 31. Dezember 2015 hinaus zu verlängern, da diese Fläche ab Anfang 2016 zwingend für die Eidechsenhabitate benötigt werde. Nur wenn sich beim Zeitplan etwas verändere, könne man über eine längere Nutzung sprechen, so die Stadt. Der Bezirksbeirat Bad Cannstatt hingegen befürwortet den Vorschlag aus dem Bürgerhaushalt mehrheitlich. Nach der Sommerpause soll sich der Ausschuss für Umwelt und Technik im Gemeinderat mit dem Antrag der Grünen befassen. Ein weiterer Antrag von Ralph Schertlen von den Stadtisten beschäftigt sich ebenfalls mit dem drohenden Umzug von Contain’t und der Umsiedlung der Eidechsen.

Auch die angrenzende Kulturinsel wäre trotz Mietvertrags bis Ende 2016 von den Maßnahmen im kommenden Jahr betroffen. So soll die Halle, die bisher noch die Skaterhalle und den Olympiastützpunkt beherbergt, im kommenden Jahr abgerissen werden. „Das Innenhof-Flair der Kulturinsel wäre damit verloren“, so Björn Peterhoff. Der Antrag der Grünen zielt deshalb auch darauf, die Halle zu erhalten oder zumindest nur teilweise abzureißen, damit die Kulturinsel ihren Teil vorerst weiter nutzen kann.

Der Verein Boost ist vorerst nicht mehr aktiv

Auch Joachim Petzold, der Geschäftsführer der Kulturinsel, hofft, dass sich der Abriss der Halle noch nach hinten verschieben lässt. Obwohl auch sein Mietvertrag nur bis Ende 2016 läuft, wird seitens der Kulturinsel auf dem Gelände viel Zeit und Kraft investiert, um das bisher hauptsächlich durch den Club Zollamt bekannte Areal als gemeinnützigen Kulturbetrieb für jedermann zu etablieren. Mit diesem Konzept stößt er auch bei der Landtagsabgeordneten Brigitte Lösch (Grüne) auf offene Ohren. Lösch hatte sich das Areal kürzlich zum ersten Mal persönlich angeschaut. „Joachim Petzolds Wunsch, mit seiner Kulturinsel auch den neuen Stadtteil Neckarpark kulturell zu bereichern, ist nachvollziehbar, wenn man dieses Kleinod inmitten des Güterbahnhofareal besucht“, erklärte Lösch.

Neben dem Verein Contain’t und der Kulturinsel hatte bis vor kurzem noch ein dritter Anrainer das Gelände belebt. Der Verein Boost hatte die Skaterhalle auf dem Areal noch bis vor kurzer Zeit für seine Vereinsaktivitäten genutzt. Mitte Juni diesen Jahres war allerdings Schluss. Die Frist für die Zahlung der ausstehenden Nebenkosten war abgelaufen, nur etwa die Hälfte der 13 000 Euro an Schulden konnte getilgt werden. Genutzt wird die Skaterhalle seitdem nur noch von der Skateboardschule Step. Im Oktober steht beim Verein Boost die Mitgliederversammlung an. „Dann wird über den weiteren Verbleib des Vereins entschieden“, sagte Vereinsvorstand Thomas Kienle.