Das Kunstwerk Klein des Nußdorfer Kunstmäzens Peter Klein widmet seine neue Ausstellung dem Umgang mit Träumen und Visionen. Zu sehen ist Irritierendes, Schockierendes, Bereicherndes.

Eberdingen - Es ist Feuer in der Hütte. Den Leuten steht das Wasser fast bis zum Hals. Und mitten in diesem Untergangsszenario steht eine seltsame, halbseidene Dame, mehr entblößt als bedeckt, und hält ein saftiges, rotes Stück Fleisch empor, das sie offenbar einem Wolf zum Fraß vorwirft. Das großformatige Gemälde „June 13“ von Sabina Sakoh ist eines der eindrücklichsten Werke der neuen Ausstellung „Hängung #12 – Welten träumen“ im Kunstwerk Klein im Eberdinger Teilort Nußdorf. Sakohs Ölbild changiert zwischen Realismus und Surrealismus, beklemmender Realität und düsterer, mit Allegorien angefütterter Fiktion.

 

Sakoh trifft den Kern der Werkschau, für die Kuratorin Valeria Waibel rund 70 Exponate von 30 zeitgenössischen Künstlern aus der Sammlung des Nußdorfer Kunstmäzens Peter Klein gefischt hat. Es gehe bei der Ausstellung nicht um gemalte Träume, betont die Kunsthistorikerin. Es gehe um künstlerische Positionen, die sich einer fertigen Interpretation verweigern, unser Unterbewusstes ins bildnerische Diesseits holen. „Vieles bleibt völlig offen“, sagt Waibel, „dadurch wirken die Bilder auf den Betrachter emotional stark.“

Eine Etage voller Irritationen

Geradezu paradigmatisch steht dafür das Werk von Michael Wutz, dem fast die komplette erste Etage gewidmet ist. Seine großformatigen, farbstarken Gemälde muten dem Betrachter gleich mehrfache Irritationen zu. Von weitem betrachtet wirken sie teils wie dekorative, mit Ornamenten verzierte Bilder. Tritt man näher, dann erkennt man, dass die Ornamente großteils aus Knochen und Schädeln bestehen. Gebeine als dekoratives Element findet man auch in seinen urzeitlich wirkenden Landschaften, die an Francisco Goya denken lassen.

Ebenso raumgreifend wie unergründlich sind die Installationen und Gemälde des in Ludwigsburg lebenden Künstlers Jörg Mandernach. Umherflatternde Bücher füllen die große Wand des Kunstwerks, daneben sitzt eine merkwürdige Mensch-Tier-Gestalt, geziert von der chiffrierten Botschaft „Der Traum vom Verklingen des Raums zwischen Bild und Bedeutung“.

Filigrane Traumwelt

Mit filigranen Mitteln – einem raumhohen Scherenschnitt nämlich – nähert sich Charlotte McGowan-Griffin dem Traumthema. Per Skalpell hat sie eine rätselhafte Art Märchenwald in Papier geritzt. Darin lauern Raubvögel drohend im Vordergrund. Das Zentrum wird dominiert von einem kraftvoll wirkenden Wirbel, der ein Gewirr von fragilen, orientalisch inspirierten Ornamenten in sich zu ziehen scheint.

Wie mittlerweile unter der nicht mehr ganz neuen Kuratorin Valeria Waibel gewohnt entwickelt die Ausstellung ihre Qualitäten insbesondere durch den Dialog gänzlich unterschiedlicher künstlerischer Sprachen – stets mit Hilfe der von Waibel gesetzten thematischen Klammer. Das Thema Traum zieht deshalb besonders gut, weil es ein Kernelement moderner Kunst tangiert: die interpretatorische Ungreifbarkeit jenseits aller Deutungsschubladen.