Jahrelang haben alle möglichen Regierungen versucht, Waffenlieferungen für die kurdischen Peschmergas zu verhindern. Nun ist das anders. Im Kampf gegen die Dschihadisten gelten die kurdischen Krieger als Hoffnungsträger.

Bagdad - Vor   mehr als zehn Jahren hatten die Amerikaner nach dem Sturz des Diktators Saddam Hussein die irakischen Streitkräfte aufgelöst und alle Offiziere in die Wüste geschickt. Dort haben sich einige jüngst mit den Terroristen des „Islamischen Staates“ (IS) verbündet. Mit Milliarden von Dollar und militärischem Know-how hatte die Supermacht eine neue irakische Streitmacht aufgebaut. Doch nun setzen die USA und immer mehr europäische Staaten nicht auf die nationalen irakischen Streitkräfte, sondern auf die jahrzehntelangen Freiheitskämpfer der Kurden, „Peschmerga“ genannt.

 

Diese Streitkraft der kurdischen Autonomieregion im Nord-Irak besteht aus etwa 200 000 Kämpfern, die einem eigenen Ministerium in der „Kurdistan-Regionalregierung“ (KRG) unterstehen. Oberkommandierender ist Massoud Barzani. Nach dem Sturz Saddam Husseins hatten die Peschmerga Kurdistan in eine Oase der Ruhe im turbulenten Irak verwandelt und so einen einzigartigen ökonomischen Aufschwung ermöglicht. Seit den rasanten Geländegewinnen des IS in den vergangenen Monaten haben sie eine Front von mehr als tausend Kilometer zu verteidigen.

Die Türkei und Bagdad waren gegen Waffenhilfe

Dafür stehen ihnen fast nur veraltete leichte Waffen zur Verfügung. Mehr als zehn Jahre lang blockierte die Zentralregierung in Bagdad jegliche militärische Aufrüstung der Peschmerga, auch die Nachbarstaaten Türkei und Iran blockierten Waffenkäufe der Kurden. Erst nachdem US-Präsident Obama die enorme Gefahr erkannte, die vom   IS ausgehen könnte, gab er kurdischem Drängen nach militärischer Unterstützung nach. Die Sorge, kurdisches Streben nach Eigenstaatlichkeit könnte durch Waffenlieferungen gestärkt werden, verlor an Gewicht.

„Peschmerga“ bedeutet nicht nur „Die dem Tod ins Auge Sehenden“, die Silbe „Pesh“ drückt auch die Entschlossenheit aus, unerschrocken, mit einem Dolch zwischen den Zähnen, dem Tod entgegenzulaufen. Tatsächlich haben diese kurdischen Kämpfer durch ihren Mut, ihre Disziplin, ihre Tapferkeit und Zähigkeit in jahrzehntelangen Kämpfen um kurdische Selbstbestimmung enorme Symbolkraft in der Gesellschaft erworben. Ihr Ursprung geht auf die Zeit des Zusammenbruchs des Osmanischen Reiches zurück, als sie begannen, sich   von Stammeskriegern zu gut trainierten und disziplinierten Guerillaeinheiten zu entwickeln und der aufkeimenden kurdisch-nationalistischen Bewegung Kraft und Mut gaben.

Die USA wissen die Peschmergas zu schätzen

  Jahrzehntelang   kämpften sie unter Führung Mulla Mustafa Barzanis gegen diverse Bagdader Zentralregierungen, erlitten wiederholt schwere Niederlagen. Doch immer wieder lebte der Kampfgeist der Kurden neu auf, bis sie 2003 durch eine militärische Allianz mit den USA im Krieg gegen Saddam eine historische Chance erhielten und seither auch auf nationaler politischer Ebene eine zentrale Rolle spielten. Die Peschmerga gelten weithin als „Gralshüter des kurdischen Nationalismus“ und der kurdischen Kultur, strikt loyal zu ihren politischen Führern. Die USA haben die kurdischen Kämpfer, wie auch die Politiker, als verlässliche Partner und Freunde während ihrer Krieges 2003 und der anschließenden neunjährigen Besatzung des Iraks schätzen gelernt – ganz im Gegensatz zur neugebildeten irakischen Armee.