Das Logo der Rolling Stones in Nachbars Garten stellt keine Ehrverletzung dar, hat ein schwäbisches Amtsgericht geurteilt. Das ist ein Denkzettel für den Prototyp des missgünstigen Nachbarn, meint Lokalchef Holger Gayer.

Chefredaktion : Holger Gayer (hog)

Stuttgart - Es ist ein Urteil von epochaler Bedeutung, welches das Amtsgericht Schwäbisch Gmünd am 19. Oktober 2017 gefällt hat. Betroffen davon sind zwei Ikonen der Menschheitsgeschichte: die britische Rockband Rolling Stones und der missgünstige schwäbische Nachbar als solcher. Verhandelt wurde unter anderem über die Frage, ob der eine Nachbar eine „rote Zunge auf einem Eisenstab“ beseitigen müsse, bei der es sich laut Klageschrift um einen „an der südlichen Grundstücksgrenze angebrachten Mund mit einer herausgestreckten Zunge, die gerade zum Grundstück des Klägers herüber gestreckt wird“, handele. Da der andere Nachbar diese „obszöne Geste“ als Ehrverletzung ansehe, sei der Beklagte „zur Entfernung dieser Zunge verpflichtet“.

 

Treue Leser dieser Kolumne erinnern sich vielleicht: Wir haben im März über den Vorgang berichtet, weil der beklagte Nachbar geltend machen konnte, dass es sich „bei der klägerseits monierten Zunge nicht einfach um einen Mund mit herausgestreckter Zunge handelt, sondern um das berühmte Logo der Rockband Rolling Stones“. Von Ehrverletzung könne also keine Rede sein, vielmehr gehe es um „Kunst im Stile der Pop-Art“. Bezeugen könne dies, bei Bedarf, ein gewisser Mick Jagger.

Mick Jagger ist nicht vorgeladen worden – schade eigentlich

Nun hat Amtsrichter Grimm sein Urteil zum Leidwesen der Stones-Fans im Lande gefällt, ohne den Stones-Sänger in seinem Gerichtssaal auftreten zu lassen. Zutage gefördert hat der Jurist aber ein weiteres, entscheidendes Detail. Bei der Herstellung der besagten Holzzunge sei nämlich „die Tochter der Kläger“ beteiligt gewesen: Sie habe „die Zunge mit dem Beklagten angefertigt und bemalt“. Richter Grimm schließt daraus, dass „beide Familien diese Zunge für originell befanden und angefertigt haben, um dieses Teil aufzustellen“. Dies werte er als „Zeichen einer Lebenseinstellung, die sie damit zum Ausdruck bringen wollen, insbesondere die Nähe zu den Rolling Stones“. Die Zunge sei daher „nicht als Ehrverletzung“ anzusehen.

Richter Grimm wies die Klage ab, was im Übrigen auch für die beiden anderen darin aufgeführten Positionen gilt – ein angeblich zu hoher Zaun und fünf bis sechs angeblich stinkende Komposthaufen (die wirkliche Zahl hat das Gericht nicht eruiert). Ausweislich des schriftlichen Urteils wertet Grimm das Verfahren als Retourkutsche: Für das Gericht stehe fest, „dass die Kläger versuchen, nachdem sie selbst eine Gabionenwand in der Höhe zurückführen mussten, umgekehrt der Beklagten Schaden zuzufügen“. Der Kläger habe daher auch die Kosten des Verfahrens zu tragen. Der Streitwert: bis zu 4000 Euro.

Eine Berufung wäre möglich

Es sei aber darauf hingewiesen, dass eine Berufung am Landgericht möglich ist. Denkbar wäre auch, dass der Nachbar eine weitere Klage anstrengt: gegen seine Tochter – wegen Beihilfe zur Ehrverletzung.