Das große Stühlerücken in der Bundesliga: Bruno Labbadia steigt beim HSV ein, Jürgen Klopp beim BVB aus, Tuchel soll Nachfolger werden, und Alexander Zorniger übernimmt den VfB.

Stuttgart - Der Tag ist noch verhältnismäßig jung, als eine Eilmeldung aus Hamburg die Fußballrepublik in Aufregung versetzt. Bruno Labbadia, das wird um 9.41 Uhr verkündet, übernimmt beim HSV, er ist der bereits vierte Trainer in dieser Saison. Donnerwetter, denkt man, das ist mal eine Sensationsnachricht – doch es dauert nur eine gute Stunde, dann wird es noch besser: Auf ihrer Internetseite vermeldet die „Bild“, dass Jürgen Klopp die Vereinsführung von Borussia Dortmund um die Auflösung seines bis 2018 laufenden Vertrages gebeten habe und Thomas Tuchel als Nachfolger bereitstehe. Jetzt ist Fußballdeutschland mehr als nur aufgeregt – jetzt hat endgültig der Blitz eingeschlagen.

 

So schnell wie an diesem Mittwochvormittag hat sich das Trainerkarussell in mehr als 50 Jahren Bundesliga wohl noch nie gedreht. Kein Zufall ist es, dass die beiden Entscheidungen fast zeitgleich verkündet werden – denn die Verpflichtung Labbadias in Hamburg hängt eng mit dem Ausscheiden Klopps in Dortmund zusammen. Doch der Reihe nach.

Labbadia fährt mit dem HSV ins Kurztrainingslager

Vormittags um zehn leitet Labbadia zusammen mit seinem vertrauten Assistenten Eddy Sözer beim Tabellenletzten HSV die erste Übungseinheit; nachmittags um vier wird er mit seiner neuen Mannschaft ins Kurztrainingslager nach Rotenburg an der Wümme aufbrechen. Dazwischen sitzt der Fußballlehrer im Volksparkstadion auf dem Podium und sagt: „Das Leben ist zu kurz, um immer lange nachzudenken. Ich habe Bock auf diese Herausforderung.“

Knapp 20 Monate lang war Labbadia nach seiner Entlassung beim VfB Stuttgart Ende August 2013 arbeitslos. In ganz schwieriger Situation war er knapp drei Jahre zuvor nach Stuttgart gekommen und hatte den VfB vor dem Abstieg bewahrt. Gleiches soll er nun beim HSV tun – doch die Lage ist noch dramatischer. Labbadia sei „zum aktuellen Zeitpunkt für diese Situation der beste Mann“, sagt der HSV-Chef Dietmar Beiersdorfer, der kreidebleich neben dem neuen Trainer sitzt. Labbadia hat einen ligaunabhängigen Vertrag bis 2016 unterschrieben, Peter Knäbel kehrt nach zwei krachenden Niederlagen ins Amt des Sportdirektors zurück.

Die HSV-Pläne mit Tuchel scheiterten

Ursprünglich hatten die Hamburger ganz andere Pläne. Noch am Sonntag schloss es Beiersdorfer aus, dass es in dieser Saison einen weiteren Trainerwechsel geben werde. Wochenlang verhandelte er mit Thomas Tuchel, den der HSV öffentlich zum großen Wunschkandidaten erklären ließ. Eine Einigung schien kurz bevorzustehen, von einzelnen Medien wurde sie bereits verkündet. Bis zum Wochenende gingen die Hamburger fest davon aus, dass der frühere Mainzer Coach nach Hamburg kommt. „Am Montag hat sich die Situation verändert“, sagt Beiersdorfer nun, „wir mussten zur Erkenntnis kommen, dass die Gespräche mit Tuchel nicht weiterzuführen sind.“ Mit der Verpflichtung Labbadias habe der Clubchef daher „das Heft des Handelns in die Hand genommen“.

Das Umdenken hat zwei Gründe: Einerseits konnte sich Tuchel offenbar nicht zu einer definitiven Zusage durchringen – schon gar nicht als Soforthelfer, was seine vertragliche Bindung an Mainz wohl auch nicht ermöglicht hätte. Andererseits spricht viel dafür, dass der begehrte Trainer spätestens Anfang der Woche einen Anruf aus Dortmund erhalten hat. Ein plötzlich möglich gewordener Einstieg beim BVB dürfte ihn weitaus mehr reizen als die Aussicht, mit dem Hamburger Chaosclub womöglich durch die zweite Liga tingeln zu müssen.

Dortmund spricht nicht über Klopps Nachfolger

Tuchel gilt als designierter BVB-Coach – doch sein Name fällt nicht, als die Borussia zeitgleich mit dem HSV die Öffentlichkeit auf einer ebenfalls ganz kurzfristig einberufenen Pressekonferenz über den nahen Abschied seines Cheftrainers informiert. „Aus Respekt gegenüber Jürgen Klopp“, so heißt es im voll besetzten Medienraum des Dortmunder Stadions, seien keine Fragen zum möglichen Nachfolger erlaubt. An großen Gefühlen herrscht dafür kein Mangel.

Der Clubchef Hans-Joachim Watzke ist den Tränen nahe, als er auf sieben gemeinsame Jahre zurückblickt. Das Einzige, was ihn tröstet? „Dass unsere Freundschaft immer bestehen bleibt“. Auch Klopp ist sichtbar gerührt. Die Entscheidung, zum Saisonende zu gehen, sei ihm „unglaublich schwer“ gefallen, sie habe aber getroffen werden müssen. Denn: „Ich habe das Gefühl, dass ich nicht mehr der perfekte Trainer für diesen außergewöhnlichen Verein bin.“

Und warum macht er das schon jetzt bekannt? Er wolle damit beim BVB „keinen Zeitdruck aufkommen lassen“ und dem Verein die Möglichkeit geben, „eine großartige Lösung auf die Beine zu stellen“, sagt Klopp. Gerade noch rechtzeitig hat er das getan, um zu verhindern, dass Tuchel an den HSV verloren geht.

Beim VfB übernimmt im Sommer Alexander Zorniger

Mit besonderem Interesse wird dieser turbulente Tag auch beim VfB verfolgt. Es wird den Stuttgartern nicht gefallen, dass der HSV am vorletzten Spieltag nicht mit Knäbel, sondern mit Labbadia in die Stadt kommt. Mit Wohlwollen dürfte in der Vereinsführung dafür eine Dortmunder Einigung mit Tuchel registriert werden. Denn dann braucht endgültig kein VfB-Fan mehr zu hoffen, dass der Wunschtrainer von vielen doch noch in Stuttgart anheuert, was einst durchaus möglich schien.

Es bleibt dabei: von Sommer an wird Alexander Zorniger auf der VfB-Bank sitzen (die StZ berichtete exklusiv am 24. Februar). Die Personalie, die der Club weiter nicht kommentieren will, soll nach der Saison offiziell verkündet werden. Unterschrieben ist der Vertrag nach Informationen der Stuttgarter Zeitung noch nicht.