Längst ist Cornelia Lanz nicht mehr nur Sängerin. Seit sie den Verein Zuflucht Kultur gegründet hat, arbeitet sie auf der Bühne mit Musikern, die ein Fluchtgeschichte haben – und kommt nun mit einer Produktion nach Gerlingen.

Gerlingen - Woher sie die Zeit für all ihre Aktivitäten nimmt, ist das Geheimnis von Cornelia Lanz. Denn seit dem Sommer 2014 ist der Terminkalender der Mezzosopranistin ziemlich voll. Da probte sie für die Mozart-Oper „Così fan tutte“ in dem kleinen Flecken Oggelsbeuren in Oberschwaben. Im Kloster, in dem das künstlerische Team logierte, wohnten auch frisch angekommene Flüchtlinge. Sie, ihre Fähigkeiten und ihre Geschichten wurden Teil des Opernprojekts.

 

Und das Leben von Cornelia Lanz spielte sich von dort an nicht mehr nur auf den Opernbühnen Deutschlands ab. Sie gründete den Verein Zuflucht Kultur und einen syrischen Flüchtlingschor. Zu ihren Auftritten mit den Münchner Philharmonikern, den Weihnachtsoratorien, der Carmen am Theater in Nordhausen gesellen sich Besuche beim Internationalen Roten Kreuz, dem Bundespräsidenten in Berlin oder in der ZDF-Sendung „Die Anstalt“.

Labo Agen – so heißt auch der Fragebogen für Flüchtlinge

Am 21. Januar führt Cornelia Lanz der Weg mit der Konzertlesung „Labo Agen“, einer deutsch-arabischen Koproduktion, nach Gerlingen. Allerdings ohne den Chor – aber mit einem interkulturellen Projekt im Gepäck. Eine andere Winterreise sei das, sagt Lanz über die Produktion, die Lieder von Franz Schubert, syrische Comedy und einen afghanischen Hochzeitstanz vereint. Es geht um Flucht und Heimatlosigkeit und das Mittel gegen Mutlosigkeit. Wenn Menschen ihre kulturellen Erfahrungen teilen, verschwindet das Fremde, das ist die Botschaft des Konzertabends.

Denn „Labo/Agen“ heißt auch der Fragebogen, mit dem Flüchtlinge beim Antrag auf Asyl beispielsweise nach ihrem Familienstand befragt werden. Für die Künstler um Lanz ist der Fragenkatalog eine gute Vorlage, um auf die Fragen der Bürokratie einmal anders zu antworten. Denn was sagt der Familienstand über jemanden, der wie so viele seine Kinder zurückgelassen hat und nicht weiß, ob seine Eltern noch leben?

Klassische Musik und Flüchtlingsarbeit verbinden

„Labo Agen“ ist eines der Projekte, an denen Lanz beteiligt ist. Zwei Mozart-Opern, „Così fan tutte“ und „Zaide – Eine Flucht“, hat sie mit Musikern aus Bürgerkriegsländern bisher auf die Bühne gebracht. An der dritten wird gerade geprobt.

Die gebürtige Biberacherin ist eine Multitaskerin. Denn inzwischen ist sie nicht nur Opernsängerin, sondern auch Botschafterin für den Mut zur Begegnung und trotz ihres jugendlichen Alters auch so etwas wie die Mutter von allem. Sie bringt zusammen, was zusammengehört: Musiker und Musik. Dass ein Teil der Künstler ihrer Opernprojekte eine Fluchtgeschichte hat, ist eine sehr bewusste Entscheidung. Das Brückenbauen zwischen den Menschen ist für Lanz zur Lebensaufgabe geworden. „Ich bin froh, dass ich die Musik habe“, sagt sie . Es sei so etwas wie eine Mission für sie, die klassische Musik und die Flüchtlingsarbeit zu verbinden.

Die syrischen Musiker spielen mit dem Polizeiorchester

Denn ein bisschen ist die Sängerin auch Menschensammlerin. So findet sie ihre Künstler. Zahir Aldnihabi etwa. In der Nähe von Riedlingen lebt er in einer Asylunterkunft. Seine Sozialarbeiterin wusste von seiner Vorliebe für klassische Musik. So besorgte sie dem jungen Syrer, der Betriebswirtschaft und Schauspiel studiert hat, eine Karte für die „ Zaide“-Aufführung. Eins kam zum anderen. In der nächsten Produktion wird Aldnihabi mit dabei sein.

Wie sehr das künstlerische Arbeiten das Sein verändert, zeigt eine kleine Begebenheit. Als Aldnihabi zum Konzert mit dem Polizeiorchester unterwegs war, wurde er von einer Streife kontrolliert: Als er erklärte, er sei auf dem Weg zu den musizierenden Kollegen, war er mit einem Mal nicht mehr Flüchtling, sondern Mensch. Für Lanz heißt das: Mission erfüllt.

Musik als Gemeinsamkeit

Person
Cornelia Lanz hat Musik und Englisch studiert und eine künstlerische Gesangsausbildung absolviert. Seit 2010 lebt sie als freischaffende Sängerin. 2014 gründete sie den Verein „Zuflucht Kultur“, der sich für Völkerverständigung durch Kultur einsetzt. Im Zentrum der Arbeit steht der Austausch mit Künstlern, die gezwungen sind, ihre Heimat zu verlassen.

Auftritt
Am Donnerstag, 21. Januar, 20 Uhr, gastiert die Konzertlesung „Labo Agen. Eine andere Winterreise“ in der Gerlinger Jahnhalle. Vorverkauf bei der Buchhandlung one.gerlingen, Hauptstraße 21/1 oder unter Telefon 07156/24560.