Der junge und preisgekrönte Elektrotechniker Christian Koos entwickelt winzige optische Bauteile: beispielsweise eine Glasfaser, die 100 Millionen Telefongespräche gleichzeitig übertragen kann. Ein Besuch in seinem Labor in Karlsruhe.

Karlsruhe - Es geht nicht immer um die Größe. Im Gegenteil. Manchmal heißt es auch: je kleiner desto besser. Beispielsweise in der Computertechnik. Wer einmal die Riesenschränke der Hochleistungscomputer vor fünfzig Jahren gesehen hat, wird mit Freude zu seinem Laptop zurückkehren, der nicht nur kleiner und leichter, sondern auch um ein Vielfaches leistungsfähiger ist.

 

Kleiner, billiger, leistungsfähiger – das sind auch Kriterien für die Weiterentwicklung in der Datenübertragung. Denn große Bauteile verbrauchen mehr Strom und produzieren mehr Wärme, müssen also stärker gekühlt werden. Facebook zum Beispiel baut derzeit ein Datenzentrum im kalten Schweden – dort sind die Kühlkosten für die Rechner geringer. Eine Investition in die Zukunft, denn man weiß, dass sich der Datenverkehr alle zwei Jahre verdoppelt. Und in Deutschland macht die IT-Technik jetzt schon zehn Prozent des Stromverbrauchs aus: Radio, Fernsehen, Computer, Handy und Telefon. Tendenz steigend.

Mit 32 Jahren schon Professor

Genau hier setzt Christian Koos an, der am Karlsruher Institut für Technologie gleich an zwei Instituten arbeitet: dem Institut für Photonik und Quantenelektronik und am Institut für Mikrostrukturtechnik. Der junge Elektroingenieur, Jahrgang 1978, hat schon sein Diplom in Karlsruhe erworben. Heute untersucht er, wie sich Daten über haarfeine Glasfasern möglichst energieeffizient übertragen lassen. „Die größte Herausforderung ist die Miniaturisierung von Sender und Empfänger“, sagt Koos, der aus Heilbronn stammt und seit zwei Jahren als Professor am KIT forscht und lehrt.

Mit zehn Doktoranden arbeitet er daran, die optischen Bauteile auf kleinen Computerchips zu verankern. Sein Ausgangsmaterial ist Silizium, doch weil Silizium nicht für alle Anwendungen die richtigen optischen Eigenschaften mitbringt, verwendet er zusätzlich Kunststoffe, sogenannte Polymere, deren Molekülstruktur er so verändern kann, dass sie die gewünschten Eigenschaften besitzen. Die Lichtleiter sind bis zu 1000-mal dünner als ein menschliches Haar, damit lassen sich viele Bauteile auf kleinstem Raum unterbringen. Kürzlich hat Koos mit seinem Team das Problem gelöst, wie man winzige Chips miteinander verbindet. Die Forscher schießen ultrakurze Laserblitze in ein Polymer zwischen den Bauteilen und formen so einen Lichtleiter, durch den Daten übertragen werden können. Bisher mussten die Chips präzise zueinander ausgerichtet werden – das erübrigt sich nun, und die Fertigungskosten dürften sinken. Koos griff dabei auf ein Lasersystem der Firma Nanoscribe zurück, einer Ausgründung des KIT. Mit ersten Prototypen haben die Forscher bereits nachgewiesen, dass über die neuen Datenleitungen mehr als fünf Billionen Bits pro Sekunde übertragen werden können – das entspricht rund 100 Millionen Telefongesprächen gleichzeitig.

Erfahrungen aus der Praxis

Bei den Arbeiten ist es Koos zugute gekommen, dass sich am KIT und gerade in seiner Forschungsgruppe Physiker, Elektrotechniker und Chemiker treffen, um gemeinsam an einem Problem zu arbeiten: Die Chemiker an den Polymeren, die Physiker an den Nanostrukturen, und die Elektrotechniker an der Datenübertragung. Und wahrscheinlich hat auch seine Biografie dazu beigetragen: Er hat zwar vor fünf Jahren in der Nanophotonik und der optischen Nachrichtentechnik promoviert, ist aber dann zur Firma Zeiss gegangen, wo er ganz andere Themen bearbeitet hat. Dabei hat er sich auch mit der Frage auseinandergesetzt, welche Forschung sich auch wirtschaftlich einsetzen lässt. Die Freiheiten, die er nun an der Universität genießt, will er dazu nutzen, Ergebnisse der Grundlagenforschung gezielt aufzugreifen und in die industrielle Anwendung zu bringen.

Zwei hochdotierte Preise, die Koos dieses und vergangenes Jahr bekommen hat, werden ihm dabei helfen: der Europäische Forschungsrat und die Alfried-Krupp-von-Bohlen-und-Halbach-Stiftung haben ihm zusammen 2,5 Millionen Euro zuerkannt. Sie werden nun in Mitarbeiterstellen und Ausrüstung investiert. Mit dem Stipendium der EU hat er sich seine eigene Forschungsgruppe aufgebaut. Der zweite Preis der Krupp-Stiftung ist in der Verwendung frei und „für einen Forscher ein unglaubliches Privileg, weil man nicht dauernd Projektanträge stellen muss, sondern sich einfach auf neue Ideen konzentrieren kann“.