Nicht alle Weihnachtseinkäufer in der Stuttgarter Innenstadt beabsichtigen an der Kasse zu zahlen. Sie verstehen unter Schnäppchen etwas anderes. Nun ging eine Gruppe von Mädchen ins Netz, die offenbar nicht zum ersten Mal auf Ladendiebstahlstour gegangen ist.

Lokales: Wolf-Dieter Obst (wdo)

Stuttgart - Dass junge Mädchen mal einen Ladendiebstahl begehen, gilt als alterstypisches Delikt in der Pubertät. Die Verführung des Konsums wird drängender, Ausgehen, modische Kleidung, Zigaretten immer wichtiger. Da kann man sich schon mal mit unerlaubten Mitteln Wünsche zu erfüllen versuchen – gerade jetzt in der Vorweihnachtszeit. Doch offenbar sind manche Mädchencliquen auch ganz professionell unterwegs – wie ein Fall in Stuttgart zeigt.

 

Vier Mädchen aus dem Raum Göppingen im Alter von 14 und 15 Jahren sind am Mittwoch wohl auf einer Weihnachtseinkaufstour der anderen Art unterwegs gewesen. Ihr Beutezug durch die Königstraße endete um 17.30 Uhr, nachdem sie bei der Tour durch die Königstraße bereits Waren im Wert von 610 Euro eingesammelt hatten. Das jugendliche Quartett war in einem Sportgeschäft in der oberen Königstraße aufgefallen. Mit einem Magneten entfernten sie in einer Umkleidekabine geübt die Sicherungsetiketten und packten die Kleidungsstücke ein. Gleich mehrere Detektive verfolgten die Mädchen und nahmen sie schließlich fest.

Mit Spezialmagnet und Klappmesser unterwegs

Die Polizei entdeckte bei den Jugendlichen reichlich gestohlene Ware. Etwa einen Make-up-Pinsel aus einem Parfümeriegeschäft, Pullover aus einem Modeladen, Kleidung wie Jacken und Hosen aus einem weiteren Sportgeschäft an der Königstraße. Ein Mädchen hatte ein Klappmesser dabei, bei einem anderen wurden zwei Päckchen Zigaretten gefunden. „Es sieht nicht so aus, als ob das die erste Tat gewesen wäre“, sagt Polizeisprecher Jens Lauer. Die Eltern mussten die Mädchen beim Revier Theodor-Heuss-Straße abholen. Der Fall wird an die Göppinger Polizei abgegeben, weil bei Jugendkriminalität das Wohnortprinzip der Beschuldigten gilt.

Dabei sind es oft auch nur Kleinigkeiten, die Mädchen zu Ladendiebinnen werden lassen. Am Mittwoch gegen 20.15 Uhr wurde etwa eine 14-Jährige in einem Drogeriemarkt an der Königstraße erwischt. Das Mädchen hatte zu einer Wimperntusche für gut elf Euro gegriffen, das Sicherungsetikett entfernt und in einen Mülleimer geworfen.

Die Stuttgarterin wurde von einem Detektiv beobachtet und angezeigt. Das vermeintliche Kavaliersdelikt Ladendiebstahl nimmt indessen immer größere Ausmaße an. Nach einer Studie des Kölner Wirtschaftsforschungsinstituts EHI beträgt der Verkaufswert der im vergangenen Jahr von Kunden gestohlenen Waren in Deutschland etwa 2,24 Milliarden Euro. Damit sei der Schaden um 100 Millionen Euro gestiegen, so die Wirtschaftsexperten.

In Stuttgart ging in diesem Zeitraum die Zahl der Ladendiebstähle zurück – von 3900 auf 3700 Fälle. Was über den tatsächlichen Schaden nicht unbedingt etwas aussagt. Denn der polizeilich registrierte Schaden bei Diebstählen stieg in Stuttgart um 600 000 auf 16,6 Millionen Euro. Der Schaden durch Ladendiebe nahm ebenfalls deutlich zu – von 365 000 auf 460 000 Euro.

Bundesweit steigen die Schadenssummen

Freilich: Ein Ladendiebstahl ist keine Frage des Alters. Dies zeigt sich an einem Fall vom Mittwoch gegen 15.25 Uhr in einer Filiale einer Kaufhauskette an der Königstraße. Die Frau, die für das Weihnachtsfest diversen Schmuck im Wert von 133 Euro in der Handtasche mitgehen lassen wollte und dabei von einem Detektiv erwischt wurde, ist bereits 70 Jahre alt.