Die Länderchefs stimmen sich traditionell vor dem Bundesrat in Kaminrunden ab. Ministerpräsident Winfried Kretschmann ist nicht dabei.

Stuttgart - Kanzleramtschef Ronald Pofalla (CDU) lüftete vor Kurzem ein kleines Geheimnis: Die Kaminrunden der Kanzlerin mit den Unions-Ministerpräsidenten fänden meistens in Räumen ohne Feuerfunken und Holzscheite statt. Dennoch gilt die Kaminrunde als Inbegriff für vertrauliche Gespräche von Politikern im kleinen Kreis. Traditionell findet solch ein Treffen am Abend vor der Bundesratssitzung statt. Kanzlerin Angela Merkel (CDU) schart bei dieser Gelegenheit die Unionsministerpräsidenten um sich, um über Bund-Länder-Fragen zu sprechen. Die SPD-Länderchefs finden sich zur gleichen Zeit in der rheinland-pfälzischen Landesvertretung in Berlin ein, um eine gemeinsame Linie für den Bundesrat abzustecken.

 

Der baden-württembergische Ministerpräsident Winfried Kretschmann (Grüne) ist zwar in der glücklichen Lage, auf eine Landesvertretung in Berlin zurückgreifen zu können, die als eine der wenigen mit einem offenen Kamin ausgestattet ist. Doch an Kaminrunden nimmt der Ministerpräsident anders als seine Kollegen nicht teil. In der Hauptstadt löst dies Verwunderung aus, denn auf den nach Parteizugehörigkeit getrennten Vorbereitungstreffen werden Verhandlungslinien festgelegt und Kompromisse besprochen. Wie wichtig die Treffen sind, zeigt sich auch daran, dass die Ministerpräsidenten bei diesen Terminen nur ausnahmsweise fehlen. Nicht selten beginnt während und nach diesen Runden ein geschäftiges Telefonieren: Die Länderchefs von Union und SPD versuchen dann, sich in verfahrenen Fragen noch zu einigen.

Kretschmann nimmt an der Kaminrunde nicht teil

Kretschmann ist als einziger Ministerpräsident nicht mit dabei. Auch bei den Grünen gibt es zwar eine Koordination von Bundes- und Landespolitikern, doch daran nahmen bisher nur Bundestagsabgeordnete und Länderminister teil. Kretschmann findet hier keine Gesprächspartner auf Augenhöhe.

Aus diesem Grund hat sich die grün-rote Landesregierung darauf geeinigt, dass SPD-Minister für die Landesregierung an der Kaminrunde der Sozialdemokraten teilnehmen. Wenn Kurt Beck am Vorabend des Bundesrates einlädt, ist Finanz- und Wirtschaftsminister Nils Schmid (SPD) mit von der Partie. Ist Schmid verhindert, vertritt ihn Bundesratsminister Peter Friedrich (SPD).

Die Landesregierung hält die Aufteilung für unproblematisch. Es gebe keine Brandmauern, heißt es. Der Ministerpräsident kümmere sich um alle wichtigen Bundesratsthemen und suche das Gespräch mit anderen Länderchefs. Eine erste Unterredung mit dem Rheinland-Pfälzer Kurt Beck fand bereits statt. Dennoch sind im Bundesrat skeptische Stimmen zu hören. Lange könne der baden-württembergische Ministerpräsident diesen Kurs nicht durchhalten, lautet die Einschätzung in Berlin. Bei wichtigen Fragen müsse der Regierungschef selbst am Tisch sitzen.

Immerhin wurde schon überlegt, ob Kretschmann an den Vorbereitungstreffen der SPD-Länder teilnimmt. Vorbilder dafür gibt es. SPD und Grüne demonstrierten unlängst beim Hartz-Vermittlungsverfahren den Schulterschluss - durchaus mit Erfolg. Doch der Gedanke, die Beck-Runde zu erweitern, wurde verworfen. Dies könnte ein Hinweis darauf sein, dass Sozialdemokraten die Debatte noch in leidvoller Erinnerung haben, wer bei Grün-Rot das Sagen hat.