Bis 2020 will die Bahn das Lärmschutzprogramm für Baden-Württemberg abgearbeitet haben. Wann die Güterzüge selbst durchweg leise sind, ist dagegen noch völlig offen.

Stuttgart - Bis 2020 sind wir durch mit der Lärmsanierung in Baden-Württemberg“, erklärt Sabine Weiler, die Bahn-Projektleiterin Lärmsanierung für den Bereich Südwest. Ziel ist es, den Schallpegel in kritischen Passagen um 10 dB (A) zu reduzieren, das entspricht einer Halbierung des Lärms. Bei 112 von 148 Teilprojekten – meist sind dies Ortsdurchfahrten – wurde der Lärm bereits verringert. Von den vorgesehenen 297 Kilometern Schienenstrecken im Land sind bisher 148,6 Kilometer für 120,8 Millionen Euro saniert worden. Das reicht von Schallschutzwänden bis zur Ausrüstung von Wohnungen mit Schallschutzfenstern. Die Hauseigentümer müssen 25 Prozent der Kosten tragen. Voraussetzung ist die Überschreitung von Grenzwerten, die an Häusern gemessen oder – mit Blick auf die Wirkung einer Sanierung – errechnet werden.

 

Hauptursache des Schienenlärms sind die Rollgeräusche von Güterwaggons. Deswegen konzentriert sich die Lärmsanierung im Land auf die Rheintalstrecke und die Verbindung Karlsruhe- Stuttgart-Ulm. So wurden im Filstal von Reichenbach bis Geislingen Schallschutzwände mit einer Gesamtlänge von 11,7 Kilometern errichtet. Südbahn, Gäubahn oder Zollernbahn sind nicht Teil des Programms, weil dort nur wenige Güterzüge fahren.

Parallel dazu bekämpft die Bahn den Lärm beim Verursacher, nämlich bei den Güterwagen selbst. Die Rollgeräusche rühren vor allem daher, dass die weit verbreiteten Bremsklötze aus Grauguss die Radlaufflächen aufrauen. Dann entsteht Lärm nicht nur beim Bremsen, sondern sobald der Waggon rollt. „Je rauer die Oberfläche, desto lauter wird es“, führt Eckart Fricke aus. Er ist der Konzernbevollmächtigte der DB für Baden-Württemberg.

Noch zu wenig Wagen haben die Flüsterbremse

Seit 2001 schafft die DB nur noch Güterwagen mit Bremsklötzen aus Verbundstoffen an, die Radlaufflächen glatt polieren statt sie aufzurauen. So wird auch der Lärm der Güterwaggons halbiert. Weil die Waggons zum Teil aber bis zu 40 Jahre alt sind, sind bisher nur 7000 Güterwagen mit dieser im Volksmund „Flüsterbremse“ genannten Technologie im Einsatz. Eine Umrüstung aller 135 000 DB-Güterwaggons würde 700 Millionen Euro verschlingen, weil die Technik wegen unterschiedlich notwendiger Drücke in den Bremsleitungen erhebliche Umbauarbeiten voraussetzt. Aktuell testet die DB eine Technologie, bei der Bremsklötze nur ausgetauscht werden müssen. Damit würden die Kosten für die Umrüstung um zwei Drittel gesenkt.

„Hörbare“ Erfolge treten erst ein, wenn viele Güterwagen modernisiert sind. Laut Eckart Fricke wird mit dem Fahrplanwechsel am 9. Dezember das Trassensystem verändert, für leise Züge muss dann weniger für das Befahren der Gleise bezahlt werden. „So entsteht auch Druck auf andere Länder, die Umrüstung voranzutreiben“, erklärt Fricke. Schließlich sind in Deutschland im Schnitt 60 000 Wagen ausländischer Bahnen unterwegs. Druck entsteht auch dadurch, dass der Güterverkehr auf der Schiene bis 2020 um 40 Prozent zunehmen soll. Denn eines sagt Fricke auch: „Die Bürgerakzeptanz gegenüber Lärm nimmt ab“.