Das Wahlrecht ist zu kompliziert, findet auch Bundestagspräsident Norbert Lammert. Aber nicht alle Reformideen verdienen Beifall, kommentiert Armin Käfer.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Armin Käfer (kä)

Berlin - Wählen ist scheinbar kinderleicht: Meist genügt ein Kreuz, bei der Bundestagswahl müssen es zwei sein. Erst hinterher wird es kompliziert, ja leider beinahe undurchschaubar. Auch unter den Abgeordneten selbst gebe es nicht einmal eine Handvoll, die „unfallfrei erklären“ könnten, wie die Zahl der Mandate im Parlament berechnet würden, beklagt Norbert Lammert, der Präsident des Bundestags. Er hat recht – und verdient auch Beifall für seine Ungeduld, mit der er eine Reform des Wahlrechts anmahnt.

 

Nicht alle Ideen Lammerts sind freilich über jeden Zweifel erhaben. Für den Vorschlag, die Abgeordneten nur noch alle fünf Jahre zu wählen statt wie bisher alle vier, dürfte er unter seinesgleichen zwar eine Mehrheit finden, aber es gäbe dringendere Fragen zu klären. Für eine Demokratie darf es nicht vorrangig darum gehen, dass die Volksvertreter ungestört arbeiten können, ohne durch ständige Wahlkämpfe davon abgehalten zu werden. Die Produktivität der Gesetzgebungsarbeit ließe sich auch auf anderem Wege steigern. Völlig verquer ist der Einfall, die verlängerten Wahlperioden durch bundesweite Volksabstimmungen auszugleichen. Da geht es nicht mehr um das berechtigte Anliegen von mehr Transparenz, sondern um die Architektur unserer Republik. Doch die hat sich bewährt. Ein Umbau ist unnötig.