Die grün-rote Koalition will Absolventen der früheren Fachhochschulen den Zugang zur Doktorwürde ermöglichen. Die Universitäten wehren sich gegen einen Sonderweg. Das neue Landeshochschulgesetz sieht auch weniger Prüfungen für Studenten vor.

Stuttgart - Baden-Württemberg will den Studierenden „die besten Studienbedingungen“ und den Wissenschaftlern gute Arbeitsmöglichkeiten bieten. Dazu trägt nach Einschätzung von Finanz- und Wirtschaftsminister Nils Schmid (SPD) das neue Landeshochschulgesetz (LHG) bei, das im Sommer in Kraft treten soll. Den Entwurf hat die Regierung beschlossen.

 

Studenten können auf eine Entschlackung ihrer Prüfungspläne hoffen. Die Gesetzesänderung sieht vor, die verbindlichen Orientierungsprüfungen zum Studienbeginn ebenso zu streichen wie die Zwischenprüfungen. Der reduzierte Prüfungsaufwand ermögliche es, die Studiengänge auch in der vorgesehenen Zeit zu absolvieren, findet die Wissenschaftsministerin Theresia Bauer (Grüne). Gleichzeitig wird der Zugang zu Hochschulen erleichtert.

Weiterbildung auf Hochschulniveau

Neu einrichten können Hochschulen berufsbegleitende weiterbildende Bachelorstudiengänge. Dieses Angebot soll auf einen bestimmten Adressatenkreis passgenau zugeschnitten werden. Die Studiengänge sollen an die Kenntnisse der Teilnehmer aus einer vorangegangenen Berufsausbildung anknüpfen. Bauer betrachtet den Weiterbildungsbachelor als „eine wichtige Antwort auf die Wissensgesellschaft“ und fragt rhetorisch, „wer, wenn nicht unsere Hochschulen, kann den Prozess des lebenslangen Lernens qualitativ hochwertig begleiten“.

Die Wirtschaft ist soweit zufrieden mit den vorgesehenen Änderungen. Ihre zentrale Forderung nach klareren Regeln für berufsbegleitende Studiengänge werde aufgegriffen, loben die baden-württembergischen Arbeitgeberverbände. Auf weniger Gegenliebe stoßen dagegen die Bemühungen des Ministeriums um mehr Transparenz. So soll der Senat Auskunftsrechte über die Forschung mit Drittmitteln erhalten. Die Arbeitgeber erwarten jedoch, dass das Geheimhaltungsinteresse von Unternehmen bei Forschungs- und Entwicklungsvorhaben gewahrt bleibt.

Königsweg bleibt das Promotionskolleg

Umstritten bleibt die Möglichkeit, Verbünden von Hochschulen für angewandte Wissenschaften (HAW) ein zeitlich und thematisch eingeschränktes Promotionsrecht zu verleihen. Dagegen laufen die Universitäten Sturm. „Nicht akzeptabel“, lautet der Kommentar von Karl Joachim Ebeling, dem Vorsitzenden der Unirektoren. Den HAW, den einstigen Fachhochschulen, fehle die notwendige Forschungsinfrastruktur für ingenieur- und naturwissenschaftliche Doktorarbeiten. Viel besser seien da die bereits bestehenden kooperativen Promotionskollegs, die gemeinsam von Universitäten und HAW angeboten würden.

Diese betrachtet auch Theresia Bauer als den Königsweg zur Doktorwürde von HAW-Absolventen. Doch müsse geprüft werden, ob herausragende HAW-Absolventen wirklich gleichberechtigten Zugang zu den Kollegs hätten. Nur wenn es keine anderen Möglichkeiten gebe, sollten HAW-Verbünde im Rahmen einer Experimentierklausel das befristete Promotionsrecht bekommen. Die Ausgestaltung sei noch nicht klar. „Die Klausel ist eine Tür, die man aufschließen kann, aber der Schlüssel ist noch nicht fertig“, suchte Bauer die Gemüter zu beschwichtigen. Die oppositionelle CDU sieht keinen Mehrwert in dieser Option. Die SPD dagegen glaubt, dass die Verbünde gezielt Forschungsbedarfe der regionalen Wirtschaft aufgreifen könnten.

Gebühren werden neu festgelegt

Gemäß der Direktive des Finanzministers habe man im Zuge der LHG-Novelle die Gebühren überprüft und „moderat angepasst“, sagt die Wissenschaftsministerin. Für Aufnahmeprüfungen können die Hochschulen statt bisher 50 in Zukunft bis zu 100 Euro Gebühren verlangen. Eignungsprüfungen, die das Abitur ersetzen, können statt 80 künftig bis zu 200 Euro kosten. Für Sprachprüfungen können bis zu 100 Euro fällig werden.

Hobbystudenten müssen zahlen und tiefer in die Tasche greifen. Die Gebühren für Gasthörer sind mit 50 bis 300 Euro doppelt so hoch wie bisher.

Neu entwickeln sollen Hochschulen passgenaue Angebote zur Weiterbildung. Diese berufsbegleitenden Bachelorstudiengänge sind voll gebührenpflichtig. Die Gebühr legen die Hochschulen fest, sie dürfte die frühere Studiengebühr von 500 Euro pro Semester deutlich übersteigen.