Am Samstag eröffnete im Alten Schloss die Landesausstellung „Die Schwaben. Zwischen Mythos und Marke“. Dabei wird auch Unbequemes nicht ausgespart.

Stuttgart - Was ist Schwäbischer: Die Kehrwoche, die Laugenbrezel oder das Spätzlebrett? Glaubt man den ersten Besuchern der am Samstag im Alten Schloss eröffneten großen Landesschau „Die Schwaben. Zwischen Mythos und Marke“, so ist nichts typischer als Linsen und Spätzle. Das Abstimmungsdiagramm ist eindeutig. Es deckt sich übrigens auch mit der Meinung von Äffle und Pferdle, wie ein kurzer Filmclip im Eingangsbereich belegt.

 

Den Spätzle, ihrer Zubereitung und Historie ist sogar ein eigener Ausstellungsteil gewidmet. 1723 wurden sie erstmals in einem Kochbuch erwähnt. Der Mann von Osterby, dessen Schädel 1948 im Moor bei Eckernförde in Schleswig-Holstein gefunden wurde, konnte die alemannische Teigware folglich noch nicht genießen. Im engeren Sinne handelte es sich bei dem Herrn mit dem Haarknoten ja aber auch gar nicht um einen Urschwaben. Die Bezeichnung Suebe war ziemlich unspezifisch. Im zweiten Jahrhundert nach Christus hieß selbst die Ostsee noch Suevisches Meer.

Launig präsentiert werden derlei Informationen mittels eines Audioführers: selbstredend in Schwäbisch gefärbtem Idiom. Der Clou ist, dass sich beim Rundgang durch die Geschichte immer wieder historische Persönlichkeiten zu Wort melden. Mit einem Mal lauscht man dem Wandermönch St. Gallus, der erzählt, wie es denn damals um 600 mit der Bekehrung der Heiden im Süden lief. Bischof Hugo von Hohenlandenberg erscheint sogar visuell, bewegt die Lippen und beendet seine Ausführungen zur vertrackten Situation während des Schweizerkriegs mit einem Augenzwinkern. Die Technik macht’s möglich. Nebenbei sorgt sie in den gut besuchten Räumen für Ruhe. Jeder lauscht für sich. Fast jeder. Ein Junge zupft seine Mutter aufgeregt am Ärmel: „Guck mal, da gibt es sogar einen Dolch!“ freut er sich. Das Prunkstück stammt ebenfalls aus der Ära, als sich „Kuhschweizer“ und „Sauschwaben“ in den Haaren lagen. Die Scheide ist mit einer filigranen Darstellung der Apfelschussszene aus der Tell-Legende verziert.

So unterhaltsam die Ausstellung aufbereitet ist: Unbequemes wird nicht ausgespart. Unvermutet steht man vor einem ländlichen Triptychon aus der Nazizeit. Biberach, von sämtlichen technischen Errungenschaften bereinigt, wird von Bauer und Bäurin flankiert – Blut und Boden, verewigt in Öl. Beigefügt sind Fotodokumente. Unter anderem zeigen sie den Führer, der auf der Königsstraße bejubelt wird. Die erste Ortsgruppe der NSDAP außerhalb Bayerns hatte sich bereits 1923 in Stuttgart gegründet. Die Mischung aus spaßigen Elementen wie einer Schrankwand voller Schwaben-Klischees und historischen Fakten ist ausgewogen. Das komplexe Thema wird zwar nicht erschöpfend, aber doch umfassend behandelt. Im Jungen Schloss findet das schlüssige Konzept mit den Sieben Superschwaben eine perfekte Fortsetzung. Hier ist so unterschiedlichen Landeskindern wie Friedrich Schiller, Sophie Scholl oder Sami Khedira jeweils ein eigener Raum gewidmet, der auch zu eigenen Aktivitäten anregt. Beim Astronomen Kepler gilt es beispielsweise geometrische Formen zu puzzeln. Ein Fall für echte Käpsele. Apropos: Die Schönsten schwäbischen Worte von Lellebebbl und Schofseggl bis zum Botschamber werden im Landesmuseum ebenfalls gewürdigt.