Manuela Rukavina gibt den Vorsitz des Landesfrauenrats auf und spart nicht mit Kritik an der Landesregierung. Frauenpolitisch gehe in Baden-Württemberg nichts, klagt sie.

Stuttgart - Der Landesfrauenrat steht vor einem einschneidenden Führungswechsel. Beim Delegiertentreffen an diesem Freitag stehen Neuwahlen an. Die Vorsitzende Manuela Rukavina verzichtet auf eine erneute Kandidatur. Aus dem achtköpfigen Vorstandsteam stellen sich nur zwei Beisitzerinnen zur Wiederwahl. Als neue Vorsitzende des 52 Mitgliedsorganisationen umfassenden Dachverbands kandidiert die frühere Grünen-Landtagsabgeordnete Charlotte Schneidewind-Hartnagel aus Eberbach (Rhein-Neckar-Kreis). Sie ist die einzige Bewerberin.

 

Rukavina, die das Gremium drei Jahre lang führte und davor fünf Jahre lang Beisitzerin war, macht vor allem strukturelle Nachteile für ihren Rückzug verantwortlich. „Der Vorsitz im Landesfrauenrat ist ein Vollzeitjob“, sagt die engagierte Kämpferin für Chancengleichheit. Die Position ist aber als reines Ehrenamt eingestuft.

Strukturdebatte notwendig

Neben einem normalen Job her, sei der Vorsitz schlicht nicht zu leisten, erklärt die Soziologin Rukavina, die freiberuflich Seminare anbietet. „Wir müssen jetzt eine strukturelle Debatte führen. Man muss Frauenarbeit machen können, ohne dass sich alle ins Burn-out schuften“, fordert sie.

Die scheidende Vorsitzende fragt, „was ist Frauenarbeit der Politik eigentlich wert“. Der Landesfrauenrat habe sehr viel weniger Geld als andere Verbände, klagt sie. 117 000 Euro stehen nach Auskunft des Sozialministeriums für den Landesfrauenrat im Haushaltsplan 2017. Das ist mehr als früher. Jahrelang sei man bei 80 000 Euro herumgekrebst, berichtet Rukavina. Einen Zuschlag habe es für die Dachorganisation, die zwei Millionen Frauen vertritt, erst gegeben, nachdem Katrin Altpeter (SPD) 2011 Sozialministerin geworden sei.

Zum Vergleich: der Landesjugendring erhält 2017 laut Sozialministerium gut 329 000 Euro, der Landesfamilienrat 124 600 Euro und der Landesseniorenrat 175 000 Euro.

Bessere finanzielle Ausstattung verlangt

Der Landesfrauenrat will jetzt einen Arbeitskreis installieren, der sich über die Zukunft der Frauenarbeit Gedanken macht. „Angesichts von Facebook und Co. müssen wir viel schneller reagieren“, konstatiert die Vorsitzende. Das bedinge andere Strukturen und schon ist sie wieder bei der finanziellen Ausstattung des Landesfrauenrats. „Die muss einfach besser werden“, sagt Rukavina. Es reiche nicht aus, „wenn das Ehrenamt in Sonntagsreden hochgehalten wird“.

Unter der grün-schwarzen Landesregierung sieht es nach Rukavinas Einschätzung mit der Frauenpolitik düster aus. „Frauenpolitisch geht im Land gerade gar nichts. Gleichstellungspolitische Themen stehen nicht auf der Agenda.“ Das Dauerbrennerthema Änderung des Landtagswahlrechts bereitet der Chefin des Landesfrauenrats Kopfzerbrechen, auch wenn die Regierungsfraktionen es jetzt in Angriff nehmen wollen. Rukavina sieht „nicht viele Fürsprecher im Parlament“. Auch mache ihr die Umsetzung große Sorgen: „Es kommt darauf an, welche strukturellen Mechanismen eingeführt werden, damit Frauen auch nominiert werden.“ Der Landesfrauenrat drängt auf die Einführung von Listen auch bei der Landtagswahl, um den Frauenanteil im Parlament zu erhöhen.

Frauenpolitik soll wieder stattfinden

Mit der Digitalisierung sieht Rukavina große Verteilungskämpfe heraufziehen. Das Wirtschaftsministerium gehe das Thema „geschlechterblind“ an. Die Frauenpolitikerin befürchtet, Frauen könnten ins Homeoffice abgeschoben werden. Auch die „verlässliche Finanzierung der Frauenhäuser ist immer noch offen“. Rukavina fordert die Landesregierung auf, den Aktionsplan Gewalt gegen Frauen zu aktualisieren und die Hilfestrukturen mit Blick auf geflüchtete Frauen anzupassen. Generell wünscht sie sich, „dass Frauen- und Gleichstellungspolitik im Land wieder stattfindet“.

Die designierte Vorsitzende Charlotte Schneidewind-Hartnagel sagte dieser Zeitung, „ich freue mich auf die Aufgabe. Frauenpolitik zieht sich durch mein gesamtes politisches Leben“. Im Landesfrauenrat sei alles gebündelt, was sie frauenpolitisch umsetzen wolle.