Das Land verzeichnet 2014 einen ordentlichen Überschuss von zwei Milliarden Euro im Etat. Unter anderem hat der Südwesten mehr Steuern eingenommen als geplant. Dennoch wurden neue Schulden aufgenommen.

Stuttgart - Das Land hat das Haushaltsjahr 2014 mit einem Überschuss abgeschlossen. Im Lauf jener zwölf Monate hat es 2,20 Milliarden Euro mehr eingenommen als ausgegeben. Berücksichtigt man Projekte, die noch vom Jahr 2013 ins Berichtsjahr überlappten und solche, die 2014 nicht abgeschlossen werden konnten und ins Jahr 2015 übertragen wurden, dann ergibt sich ein Rechnungsergebnis für 2014 von immer noch 2,17 Milliarden Euro. Das geht aus der Haushaltsrechnung 2014 hervor, die das Finanzministerium des Landes jetzt veröffentlicht hat.

 

Die Zahlen sind stattlich, aber nicht wirklich überraschend. Dass die grün-rote Landesregierung 2014 mit einem Überschuss abschließen würde, war bekannt. Er ist schon in den Haushaltsplänen für 2015 und 2016 dargestellt worden. Der eigentliche Erkenntniswert der Jahresrechnung liegt darin, dass nun nachprüfbar ist, inwieweit die Haushaltspolitik des Landes den finanzpolitischen Grundsätzen entsprochen hat. Oder hat es doch den einen oder anderen Kunstgriff gegeben? Die Landtagsopposition bemängelt bekanntlich, dass sich Grün-Rot mit Hilfe des Kreditmarktes Reserven geschaffen hätte, mit der Absicht, dieses Geld erst später auszugeben.

Grundsatz der Genauigkeit großzügig ausgelegt

Das ist nicht von der Hand zu weisen. Das Land hat 2014 auf dem Kreditmarkt exakt 1 228 193 299,01 Euro beschafft – der krumme Betrag ergibt sich wegen der Gegenrechnung von Kreditkosten. Diesen gut 1,2 Milliarden gepumpten Euro stehen somit die 2,1 Milliarden Euro gegenüber, die am Ende nicht wirklich gebraucht wurden – die Kreditaufnahme wäre also rechnerisch unnötig gewesen. Auch ohne sie wäre noch ein positives Jahresergebnis von fast einer Milliarde Euro erzielt worden.

Dass man das zu Beginn der Etatplanung nicht wissen kann, taugt als Argument nicht – wie das laufende Jahr beweist. 2015 hat die Landesregierung noch sehr spät im Jahr festgelegt, dass sie auf die ursprünglich geplante Neuverschuldung von immerhin 770 Millionen Euro aufgrund der guten Einnahmesituation durchaus verzichten kann und hat das dann auch getan. Ähnliches war auch schon im Laufe des Jahres 2014 absehbar. Die Liquiditätslage des Landes war gut, noch im November 2014 waren ausreichend Mittel da, um den Schuldenstand des Landes um dreieinhalb Milliarden Euro unter dem des Jahresultimos von 2013 zu halten; erst im Dezember 2014 trat man den Gang auf den Kreditmarkt an.

Darum darf man feststellen, dass Grün-Rot den Grundsatz der Genauigkeit sehr großzügig ausgelegt hat. Der besagt, dass in die Haushaltsplanung möglichst genau geschätzte Planwerte einzustellen und Scheinbudgets zu vermeiden sind.

Mehr Steuern kassiert als geplant

Es gibt eine ganze Menge Haushaltsansätze, die tatsächlich kaum geschätzt werden können. Das führt dann dazu, dass zum Beispiel bei den Notariaten und Grundbuchämtern im Land 56,7 Millionen Euro mehr eingenommen wurden, als die Haushaltsplaner gedacht hatten. Ebenso lässt sich im Vorhinein nicht absehen, dass die Steuerverwaltung aus Geldstrafen, Geldbußen, Verwarn- und Zwangsgeldern fast neun Millionen Euro mehr verbuchen konnte als geplant.

„Stille Reserven“ bei der Planung angelegt?

Es gibt auch Posten, die sich in der Ist-Rechnung deutlich größer ausnehmen als in der Soll-Kalkulation. So hat das Land 2014 fast 800 Millionen Euro mehr Steuern kassiert als geplant; die föderale Finanzarithmetik führte dazu, dass rund 175 Millionen Euro weniger für den Länderfinanzausgleich aufgebracht werden mussten.

Meist bewegen sich die Unterschiede zwischen Ist und Soll aber im kleineren Millionenbereich, oft noch darunter. Beim Etat des Wissenschaftsministeriums mit seinen fast hundert Kapiteln, in denen jede Hochschule im Land einzeln abgerechnet wird, läppert sich das freilich auf Mehreinnahmen von insgesamt 600 Millionen und Mehrausgaben von 530 Millionen Euro.

Es gibt aber – mindestens – zwei Posten, die auffallen und den Verdacht nähren, dass bei der Haushaltsplanung gewissermaßen „stille Reserven“ angelegt wurden. So werden die tatsächlich angefallenen Personalkosten um 572 Millionen Euro niedriger ausgewiesen als die geplanten. Das ist eine schwer erklärbare Größenordnung. Um 170 Millionen Euro niedriger als veranschlagt schlugen zudem die Zinskosten des Landes am Kreditmarkt zu Buche, das ist eine Abweichung um immerhin fast zehn Prozent.

Internet bietet Einblicke

Nun kann man sagen, dass die Zinskosten niedriger ausfallen müssen, wenn man fast das ganze Jahr über den Schuldenstand merklich absenkt; das ist ja schließlich auch der finanzpolitische Sinn der Sache. Aber ob das noch den Maßgaben von Etattransparenz entspricht, darf man anzweifeln.

Bei aller Kritik an der Einhaltung des einen oder anderen Grundsatzes ordentlicher Haushaltsführung: Grün-Rot hat bei anderen Maßgaben die Norm erfüllt. So legt zum Beispiel ein Grundsatz nahe, dass die Haushaltsplanung öffentlich stattzufinden habe. Das wird erfüllt. Wer sich für staatlich angerichteten Zahlensalat interessiert, kann ihn sich auf der Internetseite des Finanzministeriums anschauen.

Man muss freilich eine gewisse Hartnäckigkeit mitbringen. Die aktuelle Jahresrechnung hat 959 Seiten. Und um – zum Beispiel – zu erfahren, dass wegen „einer unerwartet niedrigeren Gewinnausschüttung der LBBW“ die Planungen des Landes nicht aufgegangen sind und die Landesbeteiligungen Baden-Württemberg GmbH einen außerplanmäßigen Zuschuss vom Land von fast fünf Millionen Euro brauchte, um ihre finanziellen Verpflichtungen erfüllen zu können, muss man sich fast bis zum Schluss vorarbeiten.

In einem Punkt hat Grün-Rot gegenüber der Vorgängerregierung auch Verbesserungen geschafft. Das Prinzip der Vorherigkeit wurde stets erfüllt. Demnach soll der Etat am Beginn eines Haushaltsjahres vom Landtag schon beschlossen sein; eigentlich eine Selbstverständlichkeit. Schwarz-Gelb hat sich darum aber nicht gekümmert und den Haushalt oft erst im Frühjahr des fraglichen Jahres behandelt.