Der Chef des Rechnungshofs, Max Munding (CDU), gerät wegen seines parteilichen Taktierens zunehmend in die Kritik: Seine Zustimmung zu einem CDU-Vorstoß sei nicht abgestimmt gewesen.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Man muss einmal gesehen haben, wie Peter Hauk und Max Munding (beide CDU) im Landtag die Köpfe zusammenstecken, dann wird einem manches klar. Der Vorsitzende der Landtags-CDU und der Präsident des Landesrechnungshofes wirken immer noch so eingespielt wie zu Zeiten, als der eine Agrarminister und der andere sein Amtschef war. Den politischen Doppelpass beherrschen sie bis heute – so gut, dass es in der nach eigenem Anspruch unabhängigen Karlsruher Kontrollbehörde darob mittlerweile hörbar rumort.

 

Gemeinsam wollten Hauk und Munding kürzlich die grün-rote Regierung in die Zange nehmen. Also beantragte die CDU-Fraktion eine Gesetzesänderung, um die Rechte des Rechnungshofes zu erweitern. Dieser solle künftig beim Staatsgerichtshof klagen dürfen, wenn er die Schuldenbremse in der Landeshaushaltsordnung missachtet sieht. Neue Kredite dürfen danach nur noch unter strengen Voraussetzungen aufgenommen werden.

Ein Klagerecht für die Finanzkontrolleure?

Als die CDU noch selber regierte, machte sie – von zwei Jahren abgesehen – zwar selbst munter neue Schulden. Und die Rufe des Rechnungshofs, die Schuldenbremse in die Landesverfassung aufzunehmen, verhallten damals unerhört. Inzwischen steuert Grün-Rot auf die gewünschte Verfassungsklausel zu, dann könnte bei Verstößen ohnehin der Staatsgerichtshof angerufen werden. Doch die CDU (samt ihrem früheren Koalitionspartner FDP) pochte trotzdem auf das Klagerecht der Finanzkontrolleure – ein Novum in mehrerlei Hinsicht: Weder hat ein Rechnungshof irgendwo eine solche Kompetenz, noch überprüft der Staatsgerichtshof bisher etwaige Verstöße gegen einfache Gesetze. Am ganzen Staatsgefüge würde damit gerüttelt.

Als der Vorstoß im Finanzausschuss beraten wurde, spielte der CDU-Sprecher den Ball schnell weiter: Er wüsste doch gerne, was der Rechnungshof dazu sage. Das hatte Munding dem Landtag bereits zuvor ungefragt mitgeteilt. „Eine so zentrale Norm wie die Schuldenbremse“ müsse nachprüfbar sein, „wenn sie nicht ins Leere laufen soll“. Nur das angestrebte Klagerecht könne „die notwendige Klarheit schaffen“, ansonsten bleibe die Kontrollbehörde ein „Ritter ohne Schwert“. In diesem Sinne äußerte sich der Präsident auch vor dem Ausschuss.

„Stellungnahme intern nicht abgestimmt“

Doch gleich nach ihm meldete sich ein weiterer Chefprüfer zu Wort. Mundings Stellungnahme sei intern überhaupt nicht abgestimmt gewesen, protestierte der parteilose, einst von der SPD nominierte Direktor Martin Willke. Er selbst sei dezidiert anderer Meinung: Was die CDU-Fraktion fordere, sei nicht durchdacht und ein „klarer Systembruch“. Damit waren die schon länger schwelenden Differenzen in der Spitze der Rechnungshofes deutlich zu Tage getreten. Munding parierte zwar noch, die Stellungnahme sei vom zuständigen „kleinen Senat“, also ihm und einem Kollegen, abgefasst worden. Doch das Schreiben an den Landtag trug alleine seine Unterschrift, und Gelegenheit zur Diskussion hatte es auch nicht gegeben. „Niemand wusste etwas von dem Vorstoß“, verlautet glaubhaft aus Karlsruhe.

Auch in Stuttgart sorgt der Alleingang für Kopfschütteln. Der SPD-Fraktionsgeschäftsführer Andreas Stoch etwa findet es „im höchstem Maße erstaunlich, dass Herr Munding – ohne das im Rechnungshof abgestimmt zu haben – einen CDU-Vorschlag begrüßt, der der Systematik unserer Verfassung zuwiderläuft“. Im Finanzausschuss hatte der Präsident den Verdacht der Parteilichkeit hingegen scharf zurückgewiesen: Der Rechnungshof habe seine Position noch nie davon abhängig gemacht, ob eine Initiative von der Opposition oder der Regierung komme.

Zweifel an der inneren Unabhängigkeit

Zweifel an Mundings innerer Unabhängigkeit gibt es indes nicht erst seit dem – inzwischen abgelehnten – Vorstoß zum Klagerecht. Am schwersten wiegt fraglos, wie lange er der CDU die früh im Senat angeregte Prüfung des EnBW-Deals zu ersparen versuchte. Erst als Grüne und SPD ein Jahr danach mit einem offiziellen Auftrag drohten, beschäftigte sich der Rechnungshof doch mit dem Milliardengeschäft. Die ebenso fundierte wie kritische Stellungnahme, die schließlich die Staatsanwaltschaft auf den Plan rief, gilt vor allem als Verdienst der Direktorin Hilaria Dette, die nächste Woche vor dem EnBW-Ausschuss gehört werden soll. Munding hingegen wirkte bei seinem Zeugenauftritt inhaltlich nicht sattelfest und relativierte manche Kritik seiner eigenen Behörde – was dort sehr genau registriert wurde.

Doch vom zunehmenden Gegrummel seiner Kollegen lässt sich der oberste Chefprüfer nicht irritieren. Derzeit ist er dabei, seinen Einfluss innerhalb des Rechnungshofs deutlich auszubauen. Die bisher vor allem fürs Grundsätzliche zuständige Präsidialabteilung wird personell kräftig aufgestockt und soll demnächst mehr eigene Prüfungskompetenzen erhalten. Nach seiner Rückkehr aus dem Sommerurlaub will Munding den Umbau anpacken. In der Riege der Direktoren formiert sich dagegen bereits Widerstand. Eine Zweidrittelmehrheit zur Änderung der Geschäftsordnung, heißt es intern, werde der Präsident wohl nicht erhalten. Doch für die Änderung des Geschäftsverteilungsplanes reiche die einfache Mehrheit.

Machtzuwachs für längere Amtszeit?

Der Machtzuwachs gilt in Karlsruhe als weiteres Indiz für Mundings Ambitionen, über die Altersgrenze von 65 Jahren hinaus – die erreicht er 2014 – im Amt zu bleiben. Er selbst hat sich angeblich noch nicht entschieden. Doch sein Kalkül ist auch in CDU-Kreisen längst kein Geheimnis mehr: Mit einer Verlängerung um zwei Jahre könne er den Posten des Rechnungshof-Präsidenten für die CDU retten, die dann hoffentlich wieder regiere.