Wegen mehrerer gewaltsamer Übergriffe auf seine Freundin muss ein Stuttgarter dreieinhalb Jahre lang ins Gefängnis. Bei einer Tat hatte der Mann versucht, die Frau vor den Augen deren kleinen Tochter anzuzünden.

Regio Desk: Oliver im Masche (che)

Stuttgart - Mit einem besonders drastischen Fall von häuslicher Gewalt haben sich Richter am Landgericht beschäftigt. Ein 47-Jähriger hatte seine damalige Lebensgefährtin im Herbst 2013 gleich mehrfach zusammengeschlagen. Beim dritten Gewaltausbruch versuchte der Stuttgarter sogar, die ein Jahr jüngere Frau anzuzünden. Die Richter verurteilten den schwer alkoholkranken Mann nun zu einer dreieinhalb Jahren Haft. Zudem ordneten sie die Unterbringung des Stuttgarters in einer Entziehungsanstalt an.

 

Verhängnisvolle Affäre währt ein halbes Jahr lang

Ende 2012 lernten sich der Arbeitslose, der kurz zuvor bereits eine Entziehungskur abgebrochen hatte, und die Frau im Internet über einen Partnerschafts-Chat kennen. Schon wenig später zog die Frau mit ihrer Tochter, die die Grundschule besucht, in die Wohnung des Mannes in Weilimdorf ein. Im Mai 2013 hatte der 47-Jährige aber die Nasse voll und forderte die Frau zum Auszug auf. Nachdem sie dies abgelehnt hatte, kam es zum ersten Übergriff: Mehrfach schlug ihr der Mann mit der Faust ins Gesicht. Danach bereute er die Misshandlungen aber und bat um Verzeihung. Die Frau und das Kind blieben in der Wohnung.

Fünf Monate später gab es erneut einen Gewaltausbruch des Mannes gegenüber seiner Freundin – dieses Mal war er aber noch viel exzessiver: Nachdem der Stuttgarter mit der Frau eine Flasche Schnaps und selbst noch vier Flaschen Bier getrunken hatte, ärgerte er sich wohl darüber, dass die Frau selbst nach dem Mittagessen selbst am Nachmittag noch nicht den Abwasch gemacht hatte. Außer sich vor Wut schlug der 47-Jährige massiv auf seine Freundin ein: 23 Hämatome wurden danach in der Klinik am Körper der Frau gezählt sowie ein Rippenbruch und eine ausgeschlagene Zahnprothese.

Auf Polizisten losgegangen, die Streit schlichten wollen

Nach diesem Vorfall rief die Frau die Polizei. Die Beamten hatten alle Mühe, den Mann zur Raison zu bringen. Er schlug und trat nach den beiden Polizisten. Daher wurde der 47 Jahre alte Mann in dem Prozess vor dem Landgericht am Donnerstag auch wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte und wegen versuchter Körperverletzung verurteilt.

Nach diesem Zwischenfall musste der Mann als Maßnahme des Gewaltschutzgesetzes ausziehen: Ein halbes Jahr lang sollte der 47-Jährige nach richterlicher Anordnung seine Wohnung nicht betreten dürfen, und ohne Zustimmung der Frau hätte er sich ihr ebenso lang auch nicht näher als 50 Meter nähern dürfen. Der Mann zog in ein Wohnheim nach Stuttgart-Freiberg.

Trotz Schlägen beendet das Opfer die Beziehung nicht

Doch nun trat das ein, was bei häuslicher Gewalt häufig vorkommt: Die Frau zog keinen Schlussstrich unter die Beziehung. „Trotz der Angst vor weiterer Gewalt, ließ die Frau nicht von dem Mann ab“, sagte der Vorsitzende Richter Christian Klotz. Man verbrachte wieder viel Zeit miteinander.

Einen Monat lang blieb es ruhig. Doch am 5. November abends rastete der Mann erneut aus. Wieder trank das Paar gemeinsam viel Alkohol. Aus einem Grund, der im Prozess nicht geklärt werden konnte, fiel der Mann wieder über die Frau her. Es hagelte Schläge ins Gesicht und auf den Oberkörper. Zuletzt spritzte er der Frau ein leicht entzündliches Hand-Desinfektionsmittel in die Haare und brüllte in Anwesenheit ihrer kleinen Tochter, dass diese gleich sehen werde, wie die Mutter „wie eine Fackel brenne“ – doch zwei streikende Feuerzeuge verhinderten Schlimmeres. Danach rief die Frau die Polizei, die den Mann dann festgenommen hat.

Im Prozess räumte er nur einige Schläge ein und gab vor, sich an die Sache mit dem Desinfektionsmittel nicht erinnern zu können. Forensiker des Landeskriminalamtes konnten aber Spuren der Flüssigkeit im Haar und auf der Oberbekleidung des Opfers feststellen.

Dennoch wurde der Mann, der auch wegen diverser weiterer Körperverletzungen einschlägig vorbestraft ist, nicht etwa wegen versuchten Totschlags verurteilt, wie es der Staatsanwalt beantragt hatte. Laut der Richter liege lediglich ein „bedingter Tötungsvorsatz“ vor. Der Mann sei nach den beiden streikenden Feuerzeugen freiwillig von einem Tötungsversuch zurückgetreten. Er habe nicht nach einem weiteren, griffbereiten Feuerzeug gelangt, obwohl er Gelegenheit dazu gehabt habe, so die Richter. Sie verurteilten den Mann wegen vorsätzlicher Körperverletzungen.

Richter: lediglich „bedingter“ Tötungsvorsatz