Ein Mann soll versucht haben, seine Frau im Schlaf zu erstechen. Wegen einer psychischen Erkrankung muss er aber nicht ins Gefängnis.

Lokales: Christine Bilger (ceb)

Stuttgart - Immer wieder hatte sich der 68-Jährige in sein Heimatland zurückgezogen. Dort fühlte er sich wohl. In Stuttgart, bei seiner Frau und seinen drei erwachsenen Kindern, hatte der Mann Angst um sein Leben. Grund war eine wahnhafte psychische Störung. Weil ihn diese Wahnvorstellungen in einer Dezembernacht des vergangenen Jahres beinahe zum Mörder machten, hat ihn das Landgericht zu einer Freiheitsstrafe von viereinhalb Jahren verurteilt. Da er wegen seiner psychischen Erkrankung aber bei der Tat eingeschränkt steuerungsfähig gewesen sei, muss er nicht ins Gefängnis. Der Mann wird in eine Klinik eingewiesen, wo er eine Behandlung bekommt. Der Mann versuchte Anfang Dezember, seine schlafende Frau zu erstechen. Sie konnte sich wehren und flüchten. Vier Wochen zuvor, das sah das Gericht ebenfalls als erwiesen an, hatte er sie im Schlafzimmer, aus dem er ausgezogen war, vergewaltigt.

 

Die Eheleute lebten seit Anfang der 80er Jahre in Stuttgart. Die krankhafte Störung des Mannes ist laut einem Gutachter in den zurückliegenden zwölf Jahren immer stärker geworden. In dieser Zeit erwarb er auch das Haus in seinem Herkunftsland und reiste immer wieder für einige Zeit dorthin. Zurück in der deutschen Heimat wurde der Mann eifersüchtig seiner Frau gegenüber. Er meinte, sie würde fremdgehen, und beschuldigte unter anderem den Hausarzt, mit ihr ein Verhältnis zu haben. Das zweitgeborene Kind, auch das eine seiner fixen Ideen, sei nicht von ihm. Sie habe ihm den Sohn eines Fremden untergejubelt, warf er seiner Gattin vor. Außerdem bildete der Mann sich ein, seine Ehefrau wolle ihn vergiften. Es stimme, dass sie für ihn extra Mahlzeiten zubereitet habe, sagte sie im Zeugenstand.

Dies war allerdings dem Umstand geschuldet, dass der Mann als Diabetiker auf besondere Kost angewiesen ist. Ebenso wenig sei an seiner Vermutung dran gewesen, eine Ameisenkolonie in der Küche sei in seinen Mahlzeiten gelandet. Mit den Tieren hatten alle Familienmitglieder ihre Not, bis die Plage beseitigt war.

Anfang 2010 besorgte sich der Angeklagte eine Machete

Zur Selbstverteidigung, wie er es nannte, hatte sich der Mann Anfang des Jahres 2010 eine Machete besorgt. Die älteste Tochter bekam das mit. Weil ihr Vater bereits in der Vergangenheit Mordgedanken geäußert hatte, brachte die Tochter ihn dazu, das große Messer herzugeben. Kurz vor der Tat im Dezember soll er wieder danach gefragt haben. Für den Angriff auf seine Frau verwendete er ein Messer, dessen Herkunft nicht geklärt werden konnte. Die Version des Beschuldigten, er habe seiner Frau mit dem Messer nur Angst machen wollen, glaubte ihm die Schwurgerichtskammer nicht. Der 68-Jährige hatte angegeben, die Schnittwunden in ihrem Gesicht seien entstanden, weil sie sich bewegt habe. Dazu seien die Wunden zu tief, sagte der Vorsitzende Richter. Die Kammer ging von einem heimtückischen Angriff aus. Einen Unterschied in der Beurteilung der Vergewaltigung und des versuchten Mordes sah die Kammer insofern, als sie bei dem Sexualdelikt nicht von einer verminderten Steuerungsfähigkeit ausging. Die wahnhafte Störung habe nur bei der Messerattacke eine Rolle gespielt, die die Frau mit viel Glück überlebte, da der Mann in der Dunkelheit ihren Hals nicht traf.