Das Landgericht Stuttgart hat einen ehemaligen Mitarbeiter des Energiekonzerns EnBW wegen Millionenbetrugs verurteilt. Wo ist das Geld geblieben?

Stuttgart - Ein geflügeltes Wort in Juristenkreisen lautet: Wenn die Verteidigung vom Gericht gelobt wird, hat sie etwas falsch gemacht. Für den Prozess um den Millionenbetrug bei dem Energiekonzern EnBW gilt dies nicht. Ohne das umsichtige Tun der Verteidiger wären gegen die insgesamt fünf Angeklagten weit höhere Strafen ausgeworfen worden, so Norbert Winkelmann, Vorsitzender Richter der 19. Strafkammer. Der Hauptangeklagte wurde wegen Betrugs mit acht Jahren und vier Monaten Gefängnis belegt. „Ohne Geständnis wäre es ein Drittel mehr gewesen“, stellt Richter Winkelmann klar. Rund 2,8 Millionen Euro sollen der 54-jährige Bauingenieur in Diensten der EnBW und seine vier selbstständigen Mitangeklagten zwischen 2012 und 2015 mittels Scheinrechnungen ergaunert haben.

 

Tatsächlich soll der Schaden beziehungsweise die Beute viel höher sein. Doch die Staatsanwaltschaft konzentrierte sich auf die Jahre 2012 bis 2015. Der Leiter der Innenrevision der EnBW sagte vor Gericht, man habe einen Schaden im unteren zweistelligen Millionenbereich ermittelt.

Der Schwindel trägt kuriose Züge

Der ganze Schwindel trägt zum Teil kuriose Züge. So hatte der Bauingenieur, der bei der EnBW als Betreuer mehrerer Liegenschaften zuständig war, angebliche Arbeiten im siebten Stock einer Immobilie abgerechnet. Das Gebäude hat allerdings nur drei Stockwerke. Auch stellte ein Fotograf im Zusammenspiel mit dem 54-Jährigen Scheinrechnungen ausgerechnet für Trockenbauarbeiten aus. So ging das munter über Jahre hinweg. „Der Hauptangeklagte saß wie eine Spinne im Netz und zog die Fäden“, so der Richter. Er habe eine eigene Kostenstelle gehabt, über die er Arbeiten und Dienstleistungen vergeben und bezahlen konnte. „Seine rund 100 000 Euro Bruttojahresgehalt waren ihm nicht genug“, sagt Richter Winkelmann. Und auch die anderen Angeklagten seien nicht schwer zu überreden gewesen.

Gartenbauer bringt die Ermittler auf die Spur

Rund 150 Scheinrechnungen hat der Ingenieur mit der Hilfe seiner Komplizen der EnBW im angeklagten Zeitraum untergejubelt. Unter den Mitangeklagten sind ein Gartenbauer, ein Mann mit Waffengeschäft, der Inhaber einer Elektronikfirma und ein Elektrotechniker. Keiner der Angeklagten ist vorbestraft. Der Elektrotechniker hatte als Erster bei der Polizei ausgepackt. „Damit hat er den Behörden sehr viel Arbeit erspart“, sagt dessen Verteidiger Wolfgang Wieser.

Neben dem Ingenieur müssen der Gartenbauer für vier Jahre und zehn Monate und der Firmenchef für vier Jahre und drei Monate ins Gefängnis. Die beiden übrigen Angeklagten kamen mit Bewährungsstrafen davon. Die Strafen waren zuvor ausgehandelt worden. Alle Angeklagten haben Geständnisse abgelegt.

Von dem ergaunerten Geld ist nichts mehr übrig. So habe der Ingenieur beispielsweise seinen bis zu 70 Prozent hohen Anteil verprasst, sagt der Richter. Aufgeflogen war der Schwindel, weil der Gartenbauer versucht hatte, das Jobcenter um mehr als 16 000 Euro zu betrügen.