Ein 42 Jahre alter, stark sehbehinderter Schreiner aus Bayern steht vor dem Landgericht Stuttgart, weil er 464 Geldanleger aus Deutschland und dem europäischen Ausland mit vorgetäuschten Devisengeschäften um Millionen betrogen haben soll.

Stuttgart - Eine repräsentative Adresse in Zürich, angebliches Fachpersonal, das einst bei führenden Banken beschäftigt war, keine „substanziellen“ Risiken, ein Demo-Konto, auf das regelmäßig viel Geld floss und, natürlich, traumhafte Renditen – so stellte sich die Online-Firma FX Trading 24 potenziellen Kunden vor. Mit von Panama aus gesteuerten Devisengeschäften könne man Gewinne von bis zu 82 Prozent erwirtschaften. 464 Geldanleger fielen auf die Masche herein.

 

Der Mann, der für diesen Millionenbetrug verantwortlich sein soll, steht seit Mittwoch vor der 10. Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts Stuttgart. Der 42-Jährige soll sage und schreibe neun Millionen Euro an Anlegergeld versenkt haben.

Angeklagter soll das Geld nicht angelegt haben

Der 42 Jahre alte Angeklagte aus Oberbayern ist gelernter Schreiner. Nach seinem Hauptschulabschluss und seiner Lehre hatte er den Möbelbetrieb seines Vaters übernommen, war 2003 dann aber nach eigenen Aussagen in den Devisenhandel eingestiegen. 2006 gründete er seine erste Firma mit Sitz in Zürich, 2011 folgte die Gründung der FX Trading 24, dann die der FX Investment mit Sitz in Panama und in Larnaca in Zypern. Der 42-Jährige soll über eine professionelle Internetseite Kunden geworben haben. Auf einer Online-Handelsplattform zahlten Anleger auf eigens eingerichtete Konten ihre Einlagen in US-Dollar, in Euro, britischen Pfund oder Schweizer Franken ein – insgesamt rund neun Millionen Euro, so Oberstaatsanwältin Anette Jarke.

Der Angeklagte soll das Geld aber mitnichten Kapitalanlagen zugeführt haben. Vielmehr habe er die Einlagen für den Betrieb seiner Firmen und für seinen eigenen Vermögensaufbau verwendet. Angebliche Renditen habe er aus dem Topf der Anleger ausgeschüttet. Als dieses Schneeballsystem nicht mehr funktionierte, soll der 42-Jährige, der an Grauem Star leidet und der deshalb stark sehbehindert ist, einen Kunstgriff angewandt haben.

Angeblicher Hacker-Angriff

Ende Oktober 2013 teilte die FX Investment mit, sie sei Opfer einer „folgenschweren Hacker-Attacke“ geworden. Leider sei es völlig aussichtslos, die kriminellen Hacker zur Rechenschaft zu ziehen. Die Attacke habe das gesamte Kapital „unwiderruflich absorbiert“. Man bitte, von weiteren Anfragen abzusehen. Soll heißen: „Ihr gesamtes Geld ist weg, bitte fragen Sie nicht nach.“ Nach dem laut Anklage inszenierten Hacker-Angriff soll der Mann alle Unterlagen und Internetspuren, die auf ihn hindeuteten, beseitigt haben.

Am ersten Prozesstag vor der 10. Strafkammer macht der Angeklagte, der seit Mitte August 2015 in Untersuchungshaft sitzt, lediglich Angaben zur Person. Zu den Vorwürfen – Betrug in 1155 Fällen – werde er sich vorerst nicht äußern. Der Prozess ist bis Ende Oktober terminiert.