Vier junge Erwachsene stehen wegen heftiger Vorwürfe vor dem Landgericht Stuttgart: Sie sollen eine Bekannte zur Prostitution gezwungen sowie ihnen völlig unbekannte Spaziergänger brutal angegriffen haben.

Ludwigsburg - Sie sehen harmlos aus. Doch den vier jungen Erwachsenen werden am Landgericht Stuttgart schwerwiegende Straftaten zur Last gelegt. Drei von ihnen wird vorgeworfen, eine Bekannte in Ludwigsburg zur Prostitution gezwungen und die Einnahmen daraus selbst eingestrichen zu haben. Zudem sollen alle vier ohne Anlass drei ältere Spaziergänger in Backnang angegriffen, geschlagen und gewürgt haben. Angeklagt sind sie deshalb wegen Menschenhandels zum Zwecke der sexuellen Ausbeutung sowie wegen gefährlicher Körperverletzung, Bedrohung und Beleidigung.

 

Beim Prozessauftakt am Donnerstag ging es vor allem um den Angriff der Spaziergänger – auch, weil sich die Angeklagten zum Fall der sexuellen Ausbeutung so gut wie gar nicht äußern wollten. Sie ließen lediglich verlauten, dass nicht stimme, was ihnen in der Anklage zur Last gelegt werde. In dieser wird der 21-jährigen Sabine M. und ihrem 20-jährigen Freund Daniel T. (alle Namen geändert) vorgeworfen, im Mai 2012 eine 22-jährige Bekannte in ihrer Ludwigsburger Wohnung aufgenommen und dann ausgebeutet zu haben. Sie sollen sie überredet haben, sexuelle Dienste anzubieten, um schnell Geld zu machen. Laut Anklage sollen Sabine M. und Daniel T. die Art der Dienste bestimmt, die Termine ausgemacht und die Bekannte auf Schritt und Tritt kontrolliert haben. Die Einnahmen aus der Prostitution knöpften sie ihr ebenfalls ab. Als die junge Frau das nicht mehr mitmachen wollte, sollen die beiden sie mit Schlägen dazu gezwungen haben, weiter zu machen, bis das Opfer im Oktober 2012 Anzeige erstattete. Die dritte Angeklagte, Carolin P., soll nach einiger Zeit ebenfalls in die Wohnung des Paares gezogen sein und sich an der sexuellen Ausbeutung beteiligt haben.

Die Schlägerei räumen Angeklagte vollständig ein

Im Falle der Schlägerei zeigten sich die Angeklagten vor Gericht weit redseliger. Sie räumten alle Vorwürfe ein, entschuldigten sich umfassend bei ihren Opfern und gelobten durch die Bank Besserung. Angeklagt sind sie in diesem Fall wegen eines Vorfalls am 1. Mai des vergangenen Jahres. Offenbar hatten die Vier am Abend zuvor angefangen zu feiern und bis zum Mittag des 1. Mai durchgehend Alkohol getrunken, aber keine Sekunde geschlafen. Auf dem Rückweg von einem Fest hatten sie sich an einem Feldweg niedergelassen, um auszuruhen.

Gegen 12.30 Uhr spazierte ein Ehepaar samt einer Bekannten an den vier jungen Erwachsenen vorbei. Angeblich aus dem Nichts heraus fing Carolin P. an, die Spaziergänger wüst zu beschimpfen. Zunächst ignorierten diese offenbar die derben Ausdrücke. doch als sie ob der drastischen Beleidigungen ungläubig stehenblieben, wurden sie von Sabine M., Daniel T. und Mirko H. angegriffen.

Mann gewürgt und ins Gesicht getreten

Insbesondere der männliche Spaziergänger wurde massiv angegangen: Nach anfänglichem Schubsen wurde er schließlich ins Gesicht geschlagen, dann zu Boden gebracht und dort sekundenlang heftig gewürgt. Der Mann, der am Donnerstag als Zeuge vor Gericht aussagte, berichtete, dass er sich zwar wehrte, aber gegen die drei Angreifer letztlich nicht ankam. Zu guter Letzt trat ihm Mirko H. mit dem Fuß direkt ins Gesicht – sie habe später noch den Abdruck der Sohle auf der Wange sehen können, berichtete seine Frau.

Warum sie die Unbekannten so brutal angegangen hatten, konnten die Angeklagten vor Gericht nicht sagen. Heraus kam aber, dass sie alle „sehr schwierige Lebensläufe“ hatten, wie es die Richterin ausdrückte. Schwierige Elternhäuser, Heimaufenthalte, Drogen- und Alkoholsucht sowie mehrfache Konflikte mit dem Gesetz prägen die Vergangenheit von Sabine M. Daniel T. und Mirko H.. Carolin P. wollte sich zu ihrer Person noch nicht äußern. Der Prozess wird am Dienstag, 30. September, um 9 Uhr fortgesetzt.