Der ungewöhnliche Eigentümerwechsel bei Breuninger 2004 hat ein juristisches Nachspiel: Der Rechtsanwalt Wolfgang Blumers fordert Anteile am Kaufhaus oder mehr als 200 Millionen Euro.

Stuttgart - Der Stuttgarter Rechtsanwalt Wolfgang Blumers, der früher dem Beirat von Breuninger angehörte, hat die beiden Haupteigner des Kaufhausunternehmens, Willem van Agtmael und Wienand Meilicke, vor dem Stuttgarter Landgericht verklagt. Blumers will Anteile an Breuninger; alternativ verlangt er eine sogenannte Ausgleichszahlung, die 220,8 Millionen Euro betragen soll.

 

Hintergrund des Streits ist der ungewöhnliche Eigentümerwechsel bei Breuninger im Jahr 2004. Bis dahin gehörte das Kaufhausunternehmen zu 80 Prozent der gemeinnützigen Breuninger-Stiftung, die von einer vorgeschalteten Stiftung beherrscht wurde; die restlichen 20 Prozent halten die Familien Bretschneider/Seidel. Der Vorstand der vorgeschalteten Stiftung beschloss damals deren Auflösung. Die Initiative dazu ging nach den Angaben von Helga Breuninger aus, der Alleinerbin des 1980 verstorbenen Unternehmers Heinz Breuninger. Begründung: Die Stiftung sollte unabhängig vom wirtschaftlichen Erfolg des Kaufhauses sein. Deshalb verkaufte sie Breuninger an Kaufhauschef Willem van Agtmael und den Rechtsanwalt Wienand Meilicke, der seit Langem für Breuninger arbeitet. Der Verkaufserlös floss der Stiftung als Kapitalstock zu.

Der Anwalt sieht sich getäuscht und um seinen Anteil gebracht

Helga Breuninger steht auch heute noch zu ihrer Entscheidung: „Ich habe als Alleinerbin und Tochter die Firma den beiden Personen verkauft, in deren Verantwortung Heinz Breuninger das Unternehmen übergeben hatte. Jetzt bewährt sich diese Entscheidung. Sowohl der Stiftung geht es hervorragend, die Firma blüht und auch die Nachfolgeregelung ist zwischen den Gesellschaftern geklärt“, lässt sie mitteilen.

Wolfgang Blumers war einst zusammen mit van Agtmael und Meilicke Mitglied des fünfköpfigen Vorstands der Stiftung, die einstimmig ihre Auflösung beschloss. Wie erst jetzt bekannt wurde, war ursprünglich vorgesehen, dass diese fünf Vorstandsmitglieder den 80-Prozent-Anteil an dem Kaufhaus zu gleichen Teilen erwerben sollten. Warum sich letztlich nur van Agtmael und Meilicke beteiligten und Wolfgang Blumers, Benno Stratmann und Thadeus Henselijn nicht Miteigentümer wurden, werden die Richter am Stuttgarter Landgericht klären müssen. Blumers sieht sich jedenfalls getäuscht und um seinen Anteil gebracht. Danach haben van Agtmael und Meilicke die Anteile komplett nur zu treuen Händen übernommen und hätten später den anderen Vorständen Anteile anbieten müssen. Aus Klägersicht ist auch Helga Breuninger übervorteilt worden. Die Eigner bestreiten einen Treuhandauftrag, wollten den anderen Vorständen aber wohl Anteile anbieten. Es wurde keine Einigung über die Konditionen erzielt, heißt es.

Laut Satzung reicht der einstimmige Vorstandsbeschluss

Der Preis, zu dem Breuninger damals an van Agtmael und Meilicke ging, ist nicht bekannt. Der Firmenchef hatte 2004 auf Frage der StZ gesagt: „Wie viel? Bei dem Betrag würden Sie lachen.“ Heute sieht er sich damit falsch wiedergegeben, mag das Geheimnis aber nicht lüften. In einer anonymen Anzeige gegen den Stiftungsvorstand aus dem Februar 2009 ist die Rede davon, dass der 80-Prozent-Anteil zu 30 bis 40 Millionen Euro an van Agtmael und Meilicke verkauft worden sei, obwohl der tatsächliche Marktwert etwa das Zehnfache betragen habe. Im Oktober 2009 stellte die Staatsanwaltschaft ihre Ermittlungen ein. In der Verfügung heißt es unter anderem: „Im Übrigen liegen keine stichhaltigen Anhaltspunkte dafür vor, dass die Anteile von Helga Breuninger tatsächlich weit unter Wert veräußert wurden.“ Auch mit der Frage, ob sich die vorgeschaltete Stiftung selbst auflösen durfte, beschäftigten sich die Ermittler. Ergebnis: Laut Satzung reichte der einstimmige Vorstandsbeschluss.

Van Agtmael und Meilicke haben in der Vergangenheit heftig darüber gestritten, wie es bei Breuninger weitergeht, wenn der Kaufhauschef im September wie seit Langem vereinbart die Führung abgibt. Ende April wurde eine Lösung gefunden. Chef wird der langjährige Manager Willy Oergel. Zugleich werden Führung und Beirat verjüngt. Den Beiratsvorsitz übernehmen die Söhne von van Agtmael und Meilicke.