Zum 24. Mal ist der Ministerpräsident von Baden-Württemberg gewählt worden. Bei früheren Gelegenheiten gab es so manche Überraschung.

Stuttgart - Dass Winfried Kretschmann dem Donnerstag mit einer gewissen Nervosität entgegensieht, wäre verständlich. Man steht schließlich nicht oft zur Wahl als Ministerpräsident. Und Kretschmann erlebt das zum ersten Mal. Weil er ein Grüner ist, kommt der Akt zudem einer Mehrfachpremiere gleich. Da dürfen schon Emotionen mitschwingen.

 

Am  Donnerstag wird zum 24. Mal in Baden-Württemberg der Ministerpräsident gewählt. Winfried Kretschmann soll der neunte Regierungschef des Landes werden. Meistens gingen diese Wahlgänge glatt über die politische Bühne. Aber eben nur meistens. Überraschungen hat es immer wieder gegeben. Und mit vier Stimmen ist der Vorsprung von Grün-Rot vor der schwarz-gelben Opposition in der 15. Wahlperiode nicht so groß, dass man über die anstehende MP-Wahl von einem Selbstläufer sprechen könnte.

Oft wird an die Bestallung von Erwin Teufel am 12. Juni 1996 erinnert. Da war der Christdemokrat schon fünf Jahre Ministerpräsident und hatte 1991 und 1992 im Landtag bereits zwei Wahlen hinter sich gebracht. Am 22. Januar 1991 sogar bravourös: nach dem Rücktritt von Lothar Späth war Teufel zum Nachfolger des Chefs der damaligen CDU-Alleinregierung ausersehen. Die Union hatte 66 Abgeordnete. Teufel erhielt 71 Stimmen. Mehr kann man nicht wollen. Am 11. Juni 1992 stellte sich Teufel dann als Spitze einer CDU/SPD-Koalition der Wahl. Von 110 möglichen Stimmen holte er 96. Für eine Große Koalition ist das nicht ungewöhnlich. Aufsehen erregte damals vor allem, dass der rechtsextreme "Republikaner" Rolf Schlierer als Konkurrent Teufels 19 Stimmen bekam, obwohl seine Fraktion nur 15 Köpfe zählte.

Teufel benötigte bisher als Einziger einen zweiten Wahlgang

Dann kam der 12. Juni 1996. Teufel sollte jetzt eine CDU/FDP-Koalition anführen. Die beiden Fraktionen zählten 83 Mitglieder. Teufel erhielt 77 Stimmen. Um gewählt zu sein, hätten es aber 79 sein müssen. So wurde ein zweiter Wahlgang erforderlich. Erst dann überlegten es sich vier Neinsager und Enthalter und stimmten für Teufel. Das reichte. Doch hat sich dieses Ereignis in die Landesgeschichte eingefressen und wird bei MP-Wahlen ständig in Erinnerung gerufen. Passiert ist das aber nur ein einziges Mal - bisher.

Ungetrübt ist nur die Bilanz von Günther Oettinger. Bei seiner Wahl am 21. April 2005 verfügten CDU und FDP über 74 Stimmen, Oettinger bekam 76. Am 15. Juni 2006 holte er von 84 möglichen Stimmen 85 - sozusagen. Bei Stefan Mappus waren es am 10.Februar 2010 nur noch 83.

Allerdings sind solche Ergebnisse im Vergleich zu jenen aus den Anfängen desSüdweststaats außerordentlich knapp. Am 9. Mai 1956 waren 114 Abgeordnete zur Stelle, als der Ministerpräsident gewählt werden sollte. 108 gaben Gebhard Müller (CDU) ihre Stimme, sechs enthielten sich. Das entspricht einem Jastimmen-Anteil von knapp 95 Prozent. Kurt Georg Kiesinger brachte es am 17.Dezember 1958 auf immerhin 91 Prozent. Die Zeiten haben sich geändert. Aber gerade dafür steht ja auch Winfried Kretschmann.