Die SPD-Abgeordneten im neuen Landtag geben ein zerstrittenes Bild ab. Sie haben ein Trio gewählt, das die Geschäfte der Fraktion übergangsweise führen soll. Auf einen einzigen Fraktionschef konnten sich die Parlamentarier nicht verständigen.

Stuttgart - Nach der verheerenden Wahlniederlage zeigt die neue von 35 auf 19 Köpfe zusammengeschmolzene SPD-Fraktion ein diffuses Bild. In der ersten Sitzung in der neuen Zusammensetzung am Dienstag konnten sich die neu gewählten Abgeordneten nicht auf einen Vorsitzenden einigen, der die Gruppe übergangsweise anführen wird. Der bisherige Vorsitzende Claus Schmiedel wurde nicht zum kommissarischen Vorsitzenden bestimmt. Schmiedel, der bis zum Ende der Wahlperiode Ende April gewählt ist, lässt den Vorsitz nun ruhen. Er hat den Wiedereinzug in den Landtag verpasst.

 

Für kurze Zeit sah es aus, als werde der langjährige Abgeordnete Wolfgang Drexler den Posten übernehmen. Doch dann wurde ein Führungstrio bestimmt. Martin Rivoir (Ulm), Stefan Fulst-Blei (Mannheim) und Wolfgang Drexler (Esslingen) werden von jetzt an die Geschäfte der Fraktion führen. Das verkündete der Parteivorsitzende Nils Schmid nach der zweistündigen turbulenten Sitzung. Rivoir war bisher Fraktionsvize, Fulst-Blei parlamentarischer Geschäftsführer der Fraktion. Drexler ist Vizepräsident des Landtags.

Die Entscheidung bedeute keine Vorentscheidung über den künftigen Fraktionschef, sagte Martin Rivoir nach dem einstimmigen Meinungsbild. Das Trio werde für voraussichtlich vier bis sechs Wochen die Organisation übernehmen, bis in der neuen Legislaturperiode ein regulärer Vorsitzender gewählt wird. Die Fraktion will die Regierungsbildung abwarten.

Sechsköpfige Sondierungsgruppe

Rivoir wird anstelle von Claus Schmiedel in die Gruppe aufgenommen, die für die SPD Sondierungsgespräche mit den Grünen führen wird. Die Gesandten für die SPD sind neben Rivoir der Parteichef Nils Schmid, die Generalsekretärin Katja Mast, die stellvertretende Landesvorsitzende Leni Breymaier sowie die Noch-Minister Reinhold Gall und Andreas Stoch.

Bereits an diesem Mittwoch wird die SPD zum Sondierungsgespräch bei den Grünen erwartet. Parteichef Nils Schmid bestätigte außerdem eine Einladung von CDU-Parteichef Thomas Strobl und von Guido Wolf. Gesprächen unter Demokraten werde sich die SPD nicht verweigern, sagte der Landesvorsitzende. Er betonte aber: „Das wird ein Gespräch, keine Sondierung“. Schmid bekräftigte den Beschluss des Landesvorstands vom Vorabend, wonach die SPD keine Koalition unter Führung der CDU eingehen werde. Am Montagabend hatte Schmid gesagt, „die SPD ist nicht bereit, die Hand zu reichen, um den Wählerwillen zu verbiegen.“

Schuldzuweisungen an Nils Schmid

Im Landesvorstand wie auch in einer anschließenden Sitzung der bisherigen und der neuen Abgeordneten hatten die Genossen am Montagabend Ursachenforschung für die Wahlniederlage betrieben. „Enttäuschung, Frust und Kritik am Wahlkampf“ haben Teilnehmern zufolge die Debatten beherrscht. In der erweiterten Landesvorstandssitzung mit rund 100 Teilnehmern hatte einer Nils Schmid zum Rücktritt aufgefordert.

Beim Treffen der abgewählten und der neu gewählten Fraktionäre waren die Schuldzuweisungen an den Landesvorsitzenden und Spitzenkandidaten dem Vernehmen nach deutlicher. Sechs Abgeordnete, etwa ein Sechstel der Teilnehmer, haben Fraktionsmitgliedern zufolge offen personelle Konsequenzen von Nils Schmid verlangt.

Der kritisierte Parteichef kommentierte gelassen, „die Forderungen kamen von erwarteter Seite.“ Schmid sagte, es sei der SPD im Wahlkampf nicht gelungen, landespolitische Themen zu setzen, weil das Zusammenspiel zwischen Partei und Fraktion nicht funktioniert habe.