Fünf Entwürfe für die Umgestaltung des Plenarsaals im Stuttgarter Landtag liegen vor. Am Sonntag werden sie begutachtet, am Dienstag folgt die Entscheidung.

Stuttgart - Mehr Licht! Goethes letzter Wunsch, auf dem Totenbett gehaucht, ist auch das gemeinsame Anliegen der Abgeordneten des baden-württembergischen Landtags. Mehr Licht sollen sie bekommen. Im Frühjahr hatte sich das Parlamentspräsidium darauf geeinigt, im Zuge einer umfassenden und, was das Technische angeht, durchaus überfälligen Sanierung des Landtagsgebäudes auch für eine „Versorgung des Plenarsaals mit Tageslicht“ Sorge zu tragen. Bisher nämlich tagen die Abgeordneten ausschließlich im trägen Kunstlicht, das manch matte Gedankenführung und manch dünnen Redefluss möglicherweise befördert, wenn nicht gar verschuldet.

 

Provisorium im Kunstbau

Am Sonntag nun wollen das Landtagspräsidium sowie Bauexperten die fünf Entwürfe für den Umbau begutachten. Neben dem Präsidium sind weitere Abgeordnete aus jeder Fraktion dabei, die Architekten sowie Abgesandte der Stadt Stuttgart und der staatlichen Hochbauverwaltung. Sie müssen darüber befinden, auf welchen Wegen das ersehnte Tageslicht in den Plenarsaal dringen wird. Es geht um Lichtschächte an der Decke sowie um eine Glaswand hin zur bereits jetzt sonnenstrahlendurchfluteten Lobby des Parlaments. Nächste Woche wird dann im Präsidium entschieden, welcher Entwurf zum Zuge kommt.

In der Ausschreibung wurden die Kosten für die Sanierung des 1961 fertiggestellten Gebäudes auf 25 Millionen Euro taxiert – zuzüglich des Aufwands für den „Tageslichtbezug“. Dafür hatte das Landtagspräsidium ursprünglich sechs bis 14 Millionen Euro vorgesehen. Ob sich der Betrag halten lässt, werden die Entwürfe zeigen.

Während der Bauarbeiten tagt das Parlament im Kuppelsaal des am Schlossplatz gelegenen Kunstbaus. Zunächst hatte man den Weißen Saal des Neuen Schlosses als provisorischen Plenarsaal ins Auge gefasst, doch der Plan wurde wieder verworfen. Im Landtag heißt es, der Weiße Saal sei auf Jahre hinaus für andere Veranstaltungen gebucht. Die Parlamentsbestuhlung hätte immer wieder aufs Neue auf- und abgebaut werden müssen. Im Kunstbau hingegen will sich der Landtag bis Abschluss der Arbeiten störungsfrei einrichten. Bis zum Herbst 2016 soll dann alles fertig sein.

Einfache Stühle, keine Tische

Für die Dauer des Landtagsumbaus ist der Kunstbau damit belegt. Der Stuttgarter Architekt und SPD-Politiker Peter Conradi hält dies für überflüssig. Conradi verweist auf das Alte Wasserwerk in Bonn, das in den Jahren von 1986 bis 1992 dem Bundestag als Heimstatt diente. Damals wurde in der Hauptstadt der alten Bundesrepublik ein neuer Plenarsaal erstellt – die Abgeordneten mussten auf Jahre hinaus ins Alte Wasserwerk am Rhein ausweichen. Ein neugotischer Bau, welcher der Stadt einst zur Wasserversorgung diente. Dort saßen die Bundestagsabgeordneten auf einfachen Stühlen mit Lederbezug. Tische gab es keine. „Wenn alle Abgeordneten da waren“, erinnert sich der langjährige Bundestagsabgeordnete Conradi, „fanden gar nicht alle Platz“. So häufig wird das wohl nicht vorgekommen sein, dass alle da waren, aber wenn doch, dann standen viele Abgeordnete „an den Wänden herum“. Der Atmosphäre sei das jedoch „eher förderlich gewesen“, erzählt der 79-jährige Conradi. Er zieht den Schluss: „Der Weiße Saal täte es auch.“ Die Bestuhlung könnte bei anderen Veranstaltungen rasch abgebaut werden. Doch die Entscheidung ist gefallen. Freilich müssen im Kunstgebäude vorübergehend Notausgänge ins Gemäuer geschlagen werden. Dem Ministerpräsidenten und dem Landtagspräsidenten werden je ein Arbeitsraum zur Verfügung gestellt.

Zwischen dem Landtagsgebäude und der Konrad-Adenauer-Straße soll außerdem ein Bürger- und Medienzentrum entstehen. Es dient der Betreuung von Besuchergruppen oder auch für öffentliche Ausschusssitzungen. Um die zehn Millionen Euro soll es kosten.