Das Hoffen der Gegner des Bahnhofsumbaus auf die Linken erfüllt sich nicht. Auch wenn in Hannes Rockenbauch einer der bekanntesten Stuttgart-21-Gegner ein Ergebnis weit über dem Landesschnitt einfährt.

Stadtentwicklung/Infrastruktur : Christian Milankovic (mil)

Stuttgart - Die Zeiten, in denen die Frage, ob die Züge in Stuttgart besser im Tageslicht oder eine Etage tiefer halten, Wahlentscheidungen zumindest zum Teil beeinflussen konnte, scheinen seit spätestens Sonntag vorbei zu sein. Die organisierten Kritiker des Bahnprojekts Stuttgart 21, die im Vorfeld mächtig für die Linke getrommelt hatten, müssen zur Kenntnis nehmen, dass sich dieser Einsatz nicht ausgezahlt hat.

 

Selbst Hannes Rockenbauch, eines der prominentesten Gesichter der Stuttgart-21-Gegner, konnte als parteiloser Bewerber der Linken im Wahlkreis Stuttgart I nicht verhindern, dass dort Muhterem Aras von den Grünen das prozentual beste Ergebnis im ganzen Land eingefahren hat. „Das Flüchtlingsthema hat im Wahlkampf alles andere in den Hintergrund gedrückt. Es war nicht leicht, S 21, das weiter ein Thema fürs ganze Land ist, zur Sprache zu bringen“, sagt Werner Sauerborn, einer der Sprecher des Aktionsbündnis gegen Stuttgart 21. Gerne hätte er die ehemals Verbündeten von den Grünen an dieser Stelle gestellt. „Das ist eine gute Angriffsfläche gegen die grüne Verkehrspolitik“, so Sauerborn.

Hannes Rockenbauch hat mit 7,3 Prozent das Linken-Ergebnis im Wahlkreis gegenüber der Abstimmung von 2011 mehr als verdoppelt und liegt weit über dem Ergebnis, das die Partei landesweit erzielt hat. Rockenbauch hat damit auch Bernd Riexinger, den Bundesvorsitzenden der Partei, hinter sich gelassen. Der war in den Neckarvororten auf Stimmenfang gegangen. Auch Riexinger trat schon mehrmals als Redner bei mehreren Montagsdemos der S-21-Gegner auf.

Auch ein Wahlaufruf fruchtet nicht

Doch auch ein Wahlaufruf der sich gern als „Bewegung“ sehenden Kritiker des Bahnhofsumbaus, getragen unter anderem vom ehemaligen SPD-Fraktionschef im Stuttgarter Gemeinderat, Siegfried Bassler, sowie der Ex-Grünen-Landtagsabgeordneten, Rose Glaser, hat der Linken nicht über die Fünf-Prozent-Hürde geholfen. Sauerborn hält Rückschlüsse auf den Zustand der S-21-Gegner allerdings für nicht zulässig. Als Beweis führt er die Olympia-Bewerbung Münchens an. Trotz einer bewerbungsfreundlichen politischen Großwetterlage stellte Bayerns Landeshauptstadt ihre Bemühungen um das Großereignis 2022 ein, nachdem im November 2013 Bürgerentscheide keine Mehrheiten für die Sportveranstaltung brachten.

Protest soll nach Berlin getragen werden

Geschwächt sieht Sauerborn die Stuttgart-21-Gegner jedenfalls nicht. Er richtet vielmehr den Blick nach vorne. Am Dienstag und Mittwoch wollen die Kritiker des Bahnhofsumbaus mit Aktionen auf sich aufmerksam machen – wie so oft zuletzt in Berlin. In der Bundeshauptstadt tagt am Dienstag der Aufsichtsrat der Deutschen Bahn. Das Aktionsbündnis hatte die Konzernaufseher aufgefordert, sich mit den vom Münchner Beratungsbüro Vieregg & Rössler vorgelegten Zahlen zu den Kosten für den Weiterbau und einen Ausstieg zu beschäftigen. Am Mittwoch debattiert der Verkehrsausschuss des Bundestags über die Regeln der Eisenbahn-Betriebsordnung. Hintergrund ist unter anderem das vielfach kritisierte Gefälle der Bahnsteiggleise im Stuttgarter Durchgangsbahnhof.