Warum nicht unter Gefangenen Unterstützer-Unterschriften für Landtagskandidaten sammeln? Mit dieser Idee trat eine Partei an die Wahlleiterin heran. Diese genehmigte die Werbetour mit Einschränkungen.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Andreas Müller (mül)

Stuttgart - Die Frist ist bereits am vorigen Donnerstag, Schlag 18 Uhr, abgelaufen. Bis dahin hatte jede bisher nicht im Landtag vertretene Partei eine zentrale Voraussetzung zu erfüllen, um an der Wahl am 13. März teilnehmen zu dürfen: In allen 70 Wahlkreisen mussten ihre Kandidaten jeweils 150 Unterschriften von Unterstützern beibringen, abgegeben auf einem Formblatt samt Angaben zu Namen, Geburtstag und Anschrift. Gesondert beizubringen war eine Bestätigung des örtlichen Bürgermeisters, dass der Unterzeichner dort überhaupt wahlberechtigt ist.

 

Inwieweit das gelungen ist, wird nach der Prüfung der Unterschriften in diesen Tagen bekanntgegeben. In Baden-Württemberg war es für die „neuen“ Parteien eine ganz besondere Herausforderung: Weil es keine Landesliste gibt, konnten sie nicht landesweit sammeln, sondern mussten gleichsam über die Dörfer ziehen. Selbst die in den Umfragen hochgehandelte AfD tat sich damit offenbar zeitweise schwer. Noch im November verschickte die Landesgeschäftsstelle nach Medienberichten eine Mail (Betreff: „Um Ihre Mithilfe wird gebeten“): Da das Werben „auf Märkten und in Fußgängerzonen . . . sehr zeitintensiv“ sei, gelte es aufzupassen, dass die Frist eingehalten werde.

Aushang am schwarzen Brett erlaubt

Eine Partei hatte eine ganz spezielle Idee, um den Aufwand zu begrenzen. Ob man nicht auch unter den Gefangenen in Justizvollzugsanstalten sammeln könne? Mit dieser Frage trat sie jedenfalls an die Landeswahlleitung im Innenministerium heran. Entsprechende StZ-Informationen bestätigte die Wahlleiterin Christiane Friedrich, ohne freilich Ross und Reiter zu nennen: Es sei „nicht von Belang“, um wen es sich handelte.

Auf jeden Fall kam eine Prüfung in Gang, an der auch das Justizministerium beteiligt wurde. Das Ergebnis: dem Ansinnen könne teilweise entsprochen werden. Mit einem Aushang am schwarzen Brett dürften Parteien in jeder JVA-Etage auf die Möglichkeit hinweisen, ihren Wahlvorschlag per Unterschrift zu unterstützen. Dazu könnten sich die Gefangenen per Post an die auf der „kurz gefassten Mitteilung“ genannte Anschrift der Partei wenden. Abgewiesen wurde hingegen der weiter gehende Wunsch, die Formblätter in den Haftanstalten auszulegen und auch dort einzusammeln.

Alle Parteien gleichermaßen informiert

Die Entscheidung erläutert die Juristin Friedrich wie folgt: Einerseits habe man die Aufgabe der Insassen bedacht, „sich um die Sicherung ihres Wahlrechts selbst zu kümmern“, andererseits die Fürsorgepflicht der Anstalten, diese über die rechtlichen Voraussetzungen der Wahlteilnahme aufzuklären. Die Erfordernisse des Strafvollzugs seien mit den Interessen der Parteien abgewogen worden, und das alles unter der Maßgabe „parteipolitischer Neutralität“ für staatliche Einrichtungen.

Über das Ergebnis der Prüfung wurden, aus Gründen der Gleichbehandlung, alle „neuen“ Parteien unterrichtet. Doch die Mühe der Juristen im Justiz- und Innenressort war letztlich vergeblich: keine Partei habe das Anliegen „konsequent verfolgt“, nirgendwo sei ein Aushang in einer Justizvollzugsanstalt erbeten worden, berichtete Friedrich von einer aktuellen Kurzumfrage des Justizministeriums. So bleibt es wohl ein Rätsel, welche politische Kraft besonders auf die Unterstützung von Gefangenen gehofft hatte.

Fehlanzeige bei AfD, ALFA und Linkspartei

Von links bis rechts meldeten Parteien bei einer kleinen StZ-Umfrage Fehlanzeige. Ihm sei ein solcher Vorgang „völlig unbekannt“, sagte der AfD-Landeschef Jörg Meuthen; er halte es für nahezu ausgeschlossen, dass seine Leute die Anfrage gestellt hätten. Bei der Schwesterpartei ALFA hieß es, man sei es definitiv nicht gewesen. Auch von der anderen Seite des Spektrums, von der Linkspartei, kam ein klares Dementi: Unterschriften sammeln im Knast? Davon, so der Sprecher, höre er „zum ersten Mal“. Ergebnis seiner Nachfrage: „Von uns war es keiner.“