Im Europawahlkampf ist Willy Kotzbauer noch Materialwart der AfD im Kreis Göppingen gewesen. Bei der Landtagswahl tritt er nun selbst im Wahlkreis Geislingen an.

Baden-Württemberg: Eberhard Wein (kew)

Schlat - Schaffen Sie es wirklich gut“, ruft Willy Kotzbauer beim großen Wahlkampfabend in Geislingen in den Saal. An den berühmten „Wir schaffen das“-Satz von Angela Merkel will der Geislinger Landtagskandidat der Alternative für Deutschland (AfD) anknüpfen und ihn gleichzeitig aufs Korn nehmen. Doch so recht gelingen will das nicht. Überhaupt kommt er im direkten Vergleich mit den beiden anderen Matadoren des Abends, dem umstrittenen Thüringer AfD-Fraktionschef Björn Höcke und dem nicht minder polarisierenden Stuttgarter Stadtrat Heinrich Fiechtner, Kotzbauers Pendant aus dem Wahlkreis Göppingen, ein bisschen blass und fast schon unbedarft daher.

 

Vom Materialwart zum Kandidaten

„Ich bin kein professioneller Politiker, der auf jede Frage eine Antwort hat“, sagt Kotzbauer. Sicher, für Politik interessiert habe er sich schon immer. Als er allerdings im Juni 2013, angeregt durch die Eurodebatte, zu den Gründungsmitgliedern der AfD im Kreis Göppingen gehörte, war er erst einmal für die handfesten Dinge zuständig. Im Europawahlkampf verwaltete er den Materialbestand, klebte Plakate. Und so hätte es auch bei der Landtagswahl sein können. Er unterstütze voll und ganz die Kandidatur Heinrich Fiechtners, hatte er beim Nominierungsparteitag erklärt. Doch als es dann um die Besetzung der Geislinger Kandidatur ging, war plötzlich sein Name in der Diskussion. „Der Herr Kotzbauer soll es machen“, schlug einer vor. Warum nicht, dachte er sich.

Jetzt ist der 55-Jährige der Kandidat und muss tatsächlich auf viele Fragen eine Antwort wissen. „Immer wieder rufen mich Leute an und fragen, was wir hierzu und dazu denken“, erzählt Kotzbauer. Keineswegs geht es da nur um Flüchtlingspolitik, sondern auch um Probleme mit säumigen Mietern oder um den Straßenbau.

Atomkraft ist nicht sein Thema

Nicht immer kennt er die Antworten seiner Partei auswendig. Und manchmal fällt es ihm sogar schwer, die Parteilinie zu vertreten. Die Frage, ob er als Fachberater für Bio- und Umwelttechnologie die von der AfD propagierte Rückkehr zur Atomkraft wirklich für eine gute Idee hält, lässt ihn ein wenig schlingern. „Solarenergie und Windkraft werden es nicht reißen und an den Grenzen stehen ja auch überall noch Atomanlagen“, sagt er und räumt dann ein: „Wegen der Atomkraft wäre ich nicht in die AfD eingetreten.“ Er orientiere sich einfach gerne am gesunden Menschenverstand. „Wenn es sich in diesem Rahmen bewegt, bin ich für vieles aufgeschlossen.“

Bei der Merkel’schen Flüchtlingspolitik sei das aber nicht mehr gegeben, wobei er die Kanzlerin deshalb wohl nicht gleich ins Gefängnis stecken würde. Solche Sprüche überlässt er Leuten wie Höcke und Fiechtner. Dass er sich von deren Verbalattacken mitreißen lässt, leugnet er aber nicht. Der Auftritt von Höcke sei sicher der Höhepunkt in seinem Wahlkampf gewesen, findet Kotzbauer zum Beispiel.

Geboren in Schlat, geblieben in Schlat

Der Mann, der in Schlat geboren ist, im Wald oberhalb des Ortes jeden Weg kennt und noch heute in seinem Geburtshaus wohnt, ist im Ton einfach verbindlicher. In der Sache aber liegt er auf Linie. „Parallelgesellschaften sind nicht in Ordnung“, sagt er. Und bei der Auslegung dessen, was eine Parallelgesellschaft ist, ist Kotzbauer sehr streng. „Es genügt nicht, sich zu integrieren. Man muss sich assimilieren, sonst ist man nicht richtig angekommen.“

Steckbrief zu Willy Kotzbauer

Schlat - Die wichtigsten Daten zu Willy Kotzbauer, AfD in Geislingen:

Vorname
Willy Otto

Name
Kotzbauer

Geburtsdatum
28. August 1960

Familienstand
verheiratet, ein Sohn (13)

Beruf
Fachberater für Bio- und Umwelttechnologie

Ehrenämter
Stellvertretender Kreisvorsitzender der AfD

Fünf Fragen an Willy Kotzbauer

Geislingen - Die StZ-Redaktion hat den Kandidaten in den Wahlkreisen Göppingen und Geislingen fünf Fragen vorgelegt. Hier die Antworten von Willy Kotzbauer, Landtagskandidat der AfD im Wahlkreis Geislingen.

Wenn Sie mit dem Kandidaten einer anderen Partei einen Regentag im Zwei-Mann-Zelt verbringen müsste, wäre das?
Peter Hofelich. Als Staatssekretär für Wirtschaft und Finanzen würde ich mit ihm über meine Idee für ein Filstal-Valley diskutieren.

Mit welcher anderen Person aus dem Landkreis würden Sie gerne für ein Jahr tauschen?
Ebenfalls mit Herrn Hofelich. Dann könnte ich das Filstal-Valley selbst umsetzen.

Was war die überflüssigste politische Debatte 2015?
Keine. Mir hat eine Debatte gefehlt: Über die Nichteinhaltung von Dublin III wurde überhaupt nicht geredet.

Wenn Sie ein Jahr frei hätten, was würden Sie tun?
Ich würde herumreisen und die verschiedenen Parlamente in Deutschland und Europa als Zuhörer besuchen. Vor allem würde ich gerne mal ins britische Unterhaus.

Als Hauptdarsteller wäre Sie am besten geeignet für den Film?
Ich würde lieber hinter der Kamera stehen – als Kameramann für den leider schon verstorbenen Unterwasserfilmer Hans Hass („Menschen unter Haien“).