Im Freistaat Sachsen kämpfen die Liberalen um ihre letzte Regierungsbeteiligung. Bundespromis der FDP im Wahlkampf sind nicht willkommen. So als wären diese in einer anderen Partei.

Dresden - Es sieht düster aus für die FDP in Sachsen und damit auch für die Liberalen in Berlin. Für den Sonntag ist in Dresden Regen angesagt, das könnte passen. Denn am Sonntag wird im Freistaat Sachsen gewählt. Und die FDP liegt bei drei Prozent. Damit droht die Partei nach ihrem Scheitern im Bundestag nun auch ihre letzte Regierungsbeteiligung auf Landesebene zu verlieren. Noch regiert in Dresden Schwarz-Gelb. Zehn Prozent hatte die FDP 2009 geholt. Damals war sie im Aufzug nach oben unterwegs mit der Bundespartei, die kurze Zeit später bei der Bundestagswahl mit 14,6 Prozent auftrumpfte. Jetzt wehrt sich die Landespartei mit Händen und Füßen dagegen, vom Bundestrend nach unten gerissen zu werden.

 

FDP-Landeschef Zastrow ist ein großer Kämpfer

Landes- und Fraktionschef Holger Zastrow hatte schon immer ein Faible dafür, die sächsische Karte zu spielen. Aber in diesem Wahlkampf treibt er die Distanz zur Bundespartei auf die Spitze. Auftritte von Parteichef Christian Lindner und Vizechef Wolfgang Kubicki waren unerwünscht. „Sachsen ist nicht Berlin“, steht auf Wahlplakaten. Übersetzt heißt das: wir sind die Guten! Wie ein Oppositionspolitiker wettert Zastrow gegen Staat und Bevormundung . 2009 hat das noch funktioniert, als er gegen eine Große Koalition in Sachsen kämpfte. Aber bei dieser Wahl muss er darauf setzen, dass die Wähler vergessen, wer regiert, wenn seine Partei auf Plakaten mehr Lehrer und mehr Polizisten fordert. Zastrow muss nun befürchten, dass ihm die Wähler diesen Gefallen nicht tun.

Er gibt sich aber nicht geschlagen. Er ist, das sagen auch seine Kritiker, ein großer Kämpfer. Und von PR-Arbeit versteht er was, schließlich ist er Chef einer Werbeagentur. Aus zwei Gründen verzichtete er auf ein Ministeramt. Zum einen wollte er Unternehmer bleiben. Zum anderen wollte er bei Bedarf auch dann noch gegen Staatswirtschaft und Bürokratie poltern, wenn Parteifreunde in den Ministerien Sachsens eben jenen Staat mitrepräsentieren. Wirtschaftsminister Sven Morlok steht gleichwohl voll und ganz hinter diesem Kurs. Der letzte stellvertretende Ministerpräsident der FDP glaubt, den Umfragen zum Trotz, Rückenwind zu verspüren. Die Zustimmung vor allem bei den Unternehmen wachse. Die Distanz zur Bundespartei hält der gebürtige Stuttgarter für geboten. „Wir haben die Aufgabe, unsere sächsischen Erfolge deutlich zu machen“, sagte Morlok der Stuttgarter Zeitung: „Wir freuen uns, wenn uns die Bundespartei etwa durch Interviews unterstützt, aber um hier verstärkt in den Wahlkampf einzugreifen, ist die Bundesspitze programmatisch dann doch etwas zu weit weg von unseren sächsischen Herausforderungen“.

One-Man-Show des Landeschefs

In der Wahlkampagne spielen die Landesminister allerdings kaum eine Rolle, der Wahlkampf ist ganz auf Zastrow zugeschnitten. Das liegt auch nah, denn Zastrow ist nach Ministerpräsident Stanislaw Tillich der zweitbekannteste Landespolitiker. Mit seinem Motorrad rollt der Liberale deshalb jetzt durchs Land und appelliert an seine Zuhörer, den seiner Ansicht nach blutleeren Bundesauftritt seiner Partei nicht mit seiner Landes-FDP zu verwechselt.

Selbst in der so gescholtenen Parteizentrale in Berlin erkennt man an, dass er es mit seiner väterlichen Art geschafft hat, aus der FDP in Sachsen eine verschworene Gemeinschaft zu machen. Von der Einigkeit der Sachsen-FDP können sie in der Bundespartei oder in anderen Landesverbänden nur träumen. Auch inhaltlich trennen Bundespartei und Zastrows FDP Welten. Zastrow spricht sich rigoros gegen den Mindestlohn aus. Den Ausstieg aus der Atomenergie hält er für einen Fehler, die Energiewende für Planwirtschaft. Im Hinblick auf Europa positionierte sich Zastrow stets deutlich skeptischer als die Bundespartei; in der Euro-Krise hätte er wohl eher den Bruch der Koalition riskiert, als all den Rettungsmaßnahmen zuzustimmen. In Fragen der inneren Sicherheit ist Zastrow ein Hardliner und seine Heimattümelei ist stets mit einem zutiefst konservativen Grundton unterlegt.

Zastrows größtes Handicap ist aber nicht, dass Parteichef Lindner in der Tat völlig anders tickt. Sein Problem ist, dass die Alternative für Deutschland (AfD) in Sachsen mit vergleichbarem Oppositionsgehabe ähnliche Positionen wie er vertritt. Mit dem feinen Unterschied, dass die AfD auch wirklich Oppositionspartei ist.