Umweltminister Untersteller schleift im Norden die letzte CDU-Bastion in Stuttgart. Die AfD kommt in der Landeshauptstadt insgesamt auf 11,1 Prozent.

Stuttgart - Wie 2011 jubelten im Stuttgarter Rathaus auch bei dieser Landtagswahl die Grünen. Die SPD hat sich längst an Enttäuschungen gewöhnt, bei der CDU dominierte Fassungslosigkeit nach der Prognose um 18 Uhr. Eine Stunde später stand fest, dass die Union auch das vierte Direktmandat an den Konkurrenten verlieren würde.

 

Zudem hat sich der Abstand zwischen den Grünen (36,4 Prozent) und der CDU (22,2) mehr als verdoppelt. Nach den Niederlagen bei der Bundestagswahl 2013 (die CDU holte beide Direktmandate) und bei der Gemeinderatswahl (die CDU ist mit 17 von 60 Sitzen wieder stärkste Fraktion) hat die Alternativpartei zurückgeschlagen.

Die Grünen haben alle ihre Ziele erreicht

Alle Ziele seien erreicht, freute sich Grünen-Kreischef Mark Breitenbücher. Bedauerlich sei aber das gute Ergebnis der AfD. OB Fritz Kuhn (Grüne) sagte, der Auftrag zur Bildung einer Regierung liege bei Ministerpräsident Winfried Kretschmann. Der CDU-Kreischef Stefan Kaufmann war einfach nur enttäuscht – gegenüber 2006 hat sich der Unionsanteil fast schon halbiert. Das Schicksal teilt die CDU mit der SPD. Die rechtspopulistische AfD kam aus dem Stand auf 11,1 Prozent. Die Wahlbeteiligung lag bei 72,8 Prozent und damit etwas niedriger als 2011 (73,1 Prozent).

Der im Wahlkreis Stuttgart III dem grünen Umweltminister Franz Untersteller (30,7 Prozent) unterlegene Landtagsabgeordnete Reinhard Löffler (23,5 Prozent) muss sich nach dem Verlust seines Direktmandats auf seine anwaltliche Tätigkeit konzentrieren. Die Dimension des Schwarzen Sonntags für die Union ist an Löfflers Ergebnis festzumachen: 2011 lag der Jurist noch 6,2 Prozentpunkte vor Umweltminister Franz Untersteller, was den Grünen vor Wochen zur Aussage veranlasste: „Er drei Prozent runter, ich drei rauf, dann passt das.“ Nach Auszählung aller Wahlkreise gewann der Grüne 2,7 Punkte dazu, Löffler verlor stattliche 10,7 Prozentpunkte.

Bernd Klingler holt 15,3 Prozent für die AfD

Er weiß, wem er das mit zu verdanken hat: Angela Merkel und dem Mitbewerber von der AfD, der etwa in Mühlhausen auf 18,9 Prozent kam. Im Gemeinderat hat Bernd Klingler seit seinem Wechsel von der FDP zur Rechtspartei nichts zu lachen, bei der Präsentation der Ergebnisse jubelte der AfD-Bewerber mit Parteifreunden im hintersten Eck des Sitzungssaals über seine 15,3 Prozent. Die SPD-Bewerberin Marion von Wartenberg landete im Norden mit 12,9 Prozent übrigens hinter der AfD.

Im Wahlkreis I hat die grüne Landtagsabgeordnete Muhterem Aras ihr Ergebnis von 2011 bestätigt. Sie erreichte 42,4 Prozent und ist damit trotz eines Verlustes von 0,1 Prozentpunkten die Stimmenkönigin im gesamten Land. Dass sie nicht noch besser war, lag auch an Hannes Rockenbauch, dem bekanntesten Stuttgart-21-Gegner, der für die Linken mit 7,3 Prozent das beste Ergebnis stadtweit holte. Die CDU-Bewerberin Donate Kluxen-Pyta erreichte lediglich 18,9 Prozent – ein weiterer Erdrutsch, nachdem ihre Vorgängerin Andrea Krueger 2011 bereits von 31,8 auf 26,9 Prozent abgestürzt war. Auch die wohl vor allem für die Kreativ- und Kulturszene interessante Rechtsanwältin Stefanie Brum (SPD) fiel mit 10,6 Prozent der Stimmen noch einmal tiefer als der Kreisvorsitzende der Genossen, Dejan Perc, vor fünf Jahren (17,5). Die AfD fuhr in Mitte ihr schlechtestes Ergebnis (7,0 Prozent) ein. Bei der Wahlparty im „Kachelofen“ lief FDP-Chef Armin Serwani zur Hochform auf. Die FDP hat die Verluste von 2011 zur Hälfte kompensiert. Auf den Fildern reichte es zu einem zweistelligen Ergebnis (10,7 Prozent) durch die Unternehmerin Gabriele Reich-Gutjahr. Die Politiknovizin holte damit das einzige Zweitmandat in Stuttgart.

Die FDP hat ihre Verluste von 2011 zur Hälfte kompensiert

Die Kopf-an-Kopf-Rennen in den Wahlkreisen II und IV fielen dieses Mal aus: Auf den Fildern verteidigte Verkehrsminister Winfried Hermann das Direktmandat der Grünen souverän und legte sogar drei Punkte drauf. Er kam auf 37,2 Prozent. Stefanie Schorn (CDU) blieb chancenlos, sie erreichte nur 24,4 Prozent. Sie verlor fast zehn Punkte – und war dennoch beste CDU-Kandidatin. Einen Gewinner hatte die Union aber doch: Alexander Kotz. Der Ratsfraktionschef hat sich durch die längst vergessene Niederlage in der parteiinternen Auseinandersetzung um die Kandidatur für den Wahlkreis IV eine Schlappe der besonderen Art erspart. Dafür ist jetzt Roland Schmid der Blamierte – er kam mit 12,2 Punkten Abstand zur Grünen-Kandidatin Brigitte Lösch durchs Ziel. Seine 22,2 Prozent dürften der letzte Comeback-Versuch des Ex-Abgeordneten gewesen sein.

Rolf Gaßmann holt das beste Ergebnis der SPD

Die stellvertretende Landtagspräsidentin Lösch hat 1,1 Punkte drauf gelegt und erreichte 34,4 Prozent. Der Mietervereinsvorsitzende Rolf Gaßmann (SPD) war noch der erfolgreichste der vier Genossen – aber auch er kam nur auf 13,5 Prozent. Gespannt war man auf das Ergebnis des Spitzenkandidaten der Linken, Bernd Riexinger. Der Parteichef kam auf 5,9 Prozent.

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