Das Cannstatter Urgestein Roland Schmid will zurück in die große Politik. Der CDU-Fraktionschef Alexander Kotz riskiert seinen Posten. Beide kandidieren für die CDU im Wahlkreis IV, zu dem die Neckarvororte und Teile des Ostens zählen.

Stuttgart - Beim CDU-Kreisverband laufen die Vorbereitungen für die Wahlkreismitgliederversammlung am 18. April im Hospitalhof. Die rund 2800 Namen umfassende Mitgliederdatei wird auf Vordermann gebracht. Wahlberechtigt sind – wie bei der Landtagswahl im März 2016 – über 18-jährige deutsche Staatsbürger mit einem Wohnsitz in Stuttgart. Besondere Spannung garantiert das Kandidatentableau im Wahlkreis IV, zu dem die Neckarvororte und Teile des Ostens zählen.

 

Posten strategisch besetzt

Der Fraktionschef im Gemeinderat, Alexander Kotz, will nach dann fast zwölf Jahren im Rathaus unbedingt in den Landtag. Der Vorsitzende der Kreishandwerkerschaft, Inhaber eines Sanitärbetriebs am Schlachthof, hatte schon 2011 mit einer Bewerbung geliebäugelt, ließ dann aber die Finger davon. Angesichts des Wahldebakels der Union, das den Verlust des Wahlkreises zwischen Weinbergen und Waldebene beinhaltete, war das die richtige Entscheidung gewesen. Gleich nach der erfolgreichen Kommunalwahl im vergangenen Jahr hat Kotz seinen Einfluss für Personalentscheidungen genutzt, die als Vorbereitung für die Landtagswahl gedeutet werden können. So wurde Beate Bulle-Schmid aus Bad Cannstatt seine Stellvertreterin, neben dem zweiten Vize Philipp Hill auch eine Vertreterin des konservativen Flügels.

Kandidatur birgt für kotz Risiken

War dies ein Versuch, deren Ehemann Roland Schmid von einer Kandidatur fernzuhalten, so darf dieser als gescheitert erklärt werden. Der Cannstatter Bezirksgruppenchef hat bei der jüngsten Kreisvorstandssitzung seine Bewerbung angekündigt. Auch im Osten gibt es keine Dankbarkeit: Der dort verwurzelte Kotz setzte gegen viele Widerstände die Parteifreundin Tatjana Strohmaier als Bezirksvorsteherin durch. Dennoch fühlt sich deren Ehemann Norbert Strohmaier aufgefordert, sich eine Bewerbung zumindest zu überlegen. So erwächst Kotz sogar Konkurrenz im eigenen Sprengel, der mit rund 100 Mitgliedern ohnehin nur halb so groß ist wie das Cannstatter Stimmvolumen (200 von insgesamt rund 600 im Wahlkreis IV).

Im Rathaus sieht man in Kotz’ Kandidatur vor allem Risiken für ihn selbst, während der Bezirks- und Regionalrat Schmid gar nichts zu verlieren hat. Nachdem der Ratsfraktionsschef für alle hörbar erklärte, seine politische Zukunft liege im Landtag, besteht die Gefahr, fortan als Auslaufmodell wahrgenommen zu werden. Noch schlimmer geriete die Lage für Kotz im Falle einer Niederlage gegen Schmid oder bei der Landtagswahl gegen Brigitte Lösch (Grüne) und womöglich auch gegen den SPD-Ratsfraktionschef Martin Körner. Als gescheiterter Kandidat wäre er dann wohl die längste Zeit Fraktionschef gewesen.

Roland Schmid ist voll motiviert

Roland Schmid, der Ex-Landtagsabgeordnete und Ex-Stadtrat sowie Bezirksbeirat und Neu-Regionalrat, zählt sich nicht zum alten Eisen. „Ich bin voll motiviert, habe jede Menge Erfahrung und kann damit der Partei helfen“, beteuert der 58-Jährige, der im Kultusministerium für Berufsschulen zuständig ist. Er wolle sich aktiv an der Abwahl von Grün-Rot beteiligen, denen er Versagen in Bildungs-, Finanz-, Verkehrs- und Wirtschaftspolitik vorwirft. „Ich strebe nach mehr Verantwortung“, sagt Schmid, der zumindest theoretisch die stärkste Hausmacht hinter sich hat. Ein Drittel der CDU-Mitglieder im Wahlkreis sind Cannstatter. Außerdem bespielt der Jurist – im Duett mit der Gattin – den Wahlkreis mit hohem Takt. Wohin man auch kommt, ein(e) Schmid ist schon da.

Kreischef wollte Schmid verhindern

Natürlich erinnern sich seine Gegner an seinen Streit mit der Stadt über zu Unrecht verlangtes und gewährtes Sitzungsgeld, das trotz des Vergleichs und der Aussage des Richters, die Angelegenheit tauge nicht zur Affäre, seinem Ruf schadete und ihn politisch auf Bezirksebene zurückwarf. Doch das war 2008, in der Zwischenzeit war auch der Mitbewerber Kotz in die Schlagzeilen geraten. Schmid geht auch nicht davon aus, dass sich Geschichte wiederholt und der Kreisvorsitzende mit Rücktritt droht, falls er gewählt würde. Der Vorgänger von Stefan Kaufmann, Michael Föll, hatte Schmid vor der Landtagswahl 2011 von einer Bewerbung abzuhalten versucht, um die Kandidatin Christine Arlt-Palmer durchzubringen. Weil Schmid dennoch antrat, warnte Föll das Plenum, eine Wahl des Cannstatters würde er als Misstrauensvotum verstehen. Arlt-Palmer gewann, doch 116 Mitglieder hatten Schmid gewählt.