Die drei Landtagswahlen am 13. März können auch zur Schicksalstunde für die Bundeskanzlerin Angela Merkel werden – wenn ihr Vor-Ort-Leute keinen Erfolg haben. Es könnte aber auch ganz anders kommen und Merkel in der CDU stabilisiert werden.

Titelteam Stuttgarter Zeitung: Armin Käfer (kä)

Berlin - Der 13. März 2016 könnte ein schwarzer Sonntag für die seit zehn Jahren regierende Kanzlerin werden. Mit den drei Landtagswahlen könnte die Parteienlandschaft ins Rutschen, ihre Machtbasis ins Wanken und die Balance in der Union aus dem Gleichgewicht geraten. Es könnte aber auch sein, dass Angela Merkel sich am Sonntagabend entspannt auf dem Sofa zurücklehnt und sich – ungeachtet aller Kritik an der Flüchtlingspolitik, unausweichlicher CDU-Verluste und AfD-Gewinne – in ihrer Position gefestigt sieht.

 

Drei Szenarien sind denkbar. Das Optimum für Merkel unter den gegebenen Verhältnissen wären CDU-Verluste, die sich unterm Strich zu einem Sieg addieren lassen. Wenn Rainer Haseloff in Magdeburg weiter regieren kann, Julia Klöckner in Mainz Ministerpräsidentin wird und Guido Wolf vor Winfrieds Kretschmanns Grünen liegt, dann würde die Kanzlerin die erwartbaren Einbußen ihrer Partei und den Einzug rechter Konkurrenz in die Landesparlamente als lästige Nebeneffekte abtun.

Die denkbaren Szenarien

Die CDU hätte zwei Bundesländer zurückerobert. Unter Machtaspekten wäre es für Merkel zweitrangig, wenn ihre Partei im Stammland Baden-Württemberg auf ein historisches Tief absackt und 15 Prozentpunkte unter dem bei der Bundestagswahl 2013 erreichten Niveau bliebe – Hauptsache sie kann den Regierungschef stellen. Nach einem solchen Dreifachsieg wäre die Kritik an Merkels Flüchtlingspolitik wie ausgeknipst. Selbst CSU-Chef Horst Seehofer müsste sich dann mit der Union freuen. Der Burgfrieden würde Merkel noch mehr Zeit verschaffen, um die Flüchtlingskrise in den Griff zu bekommen.

Szenario Nummer zwei könnte unter der Schlagzeile laufen: Wolf wird zum schwarzen Schaf. Haseloff bleibt in Sachsen-Anhalt ziemlich sicher Ministerpräsident. Julia Klöckner hat gute Karten, es zu werden. Falls sie es schafft, könnte Merkel es verschmerzen, wenn Baden-Württemberg für die CDU zum Debakel wird. Ohne es offen auszusprechen, würde das dem Spitzenkandidaten angelastet. Argumente dafür werden in CDU-Kreisen schon eifrig diskutiert. Der Vorwand, Merkels Flüchtlingspolitik schade der CDU, wäre durch ein Erfolg Klöckners entkräftet. Kritik von frustrierten Christdemokraten aus Baden-Württemberg würde die Kanzlerin unter diesen Umständen aushalten. Intern könnte sie darauf verweisen, dass ihr eifrigster Fürsprecher dort die Wahl gewonnen hat: der Grüne Kretschmann. Klöckners Triumph würde die CDU sedieren.

Kanzlerins Albtraum

Ein Albtraum für die Kanzlerin wäre hingegen, wenn die CDU sowohl in Baden-Württemberg als auch Rheinland-Pfalz leer ausginge. Sie hätte dann einen der mitgliederstärksten Landesverbände und ihre populärste Stellvertreterin an der Parteispitze gegen sich. Eine doppelte Schlappe ließe sich als Trend deuten: Merkels Kritiker würden das als Misstrauenvotum gegen den Kurs in der Flüchtlingspolitik lesen. CSU-Chef Seehofer würde sich die Chance nicht entgehen lassen, das Wahldebakel der CDU Merkel höchstpersönlich anzulasten. Die Kanzlerin müsste sich auf stürmische Zeiten gefasst machen. Mit Panikreaktionen nach dem Muster Gerhard Schröders, der nach einem Wahlfiasko in Nordrhein-Westfalen 2005 vorzeitige Neuwahlen ausrief und damit seine Macht verspielte, ist allerdings nicht zu rechnen. Merkel neigt nicht zu einer Politik im Stil von Hasardeuren. Als sie Kanzlerin wurde, regierte die Union in elf Bundesländern. Jetzt stellt sie noch vier Ministerpräsidenten – ohne dass es Merkel bisher geschadet hätte.

So oder so werden die Wahlen am 13. März in der politischen Landschaft der Bundesrepublik wohl einen Erdrutsch auslösen. Die AfD kann sowohl in Sachsen-Anhalt als auch in Baden-Württemberg mit zweistelligen Ergebnissen rechnen und auch in Rheinland-Pfalz mit dem Einzug ins Landesparlament. Damit dürfte sich erstmals nahezu flächendeckend rechts der Union eine bürgerliche Konkurrenz für die schwarze Volkspartei etablieren. Das wäre für Merkels Lager mit Blick auf das Bundestagswahljahr 2017 ein schlechtes Omen. Verluste an der konservativen Flanke würde Merkels Kritiker beflügeln.

Gabriel bei der SPD unangefochten?

Spiegelbildlich zu Merkels Perspektiven sind die ihres Vizekanzlers. Bisher regiert die SPD in allen drei Ländern, in denen gewählt wird. Auf Genosse Trend ist kein Verlass. Er befindet sich auf dem Weg in den Keller. Verluste der CDU zählen nicht auf das Konto der Sozialdemokraten ein. Für SPD-Chef Sigmar Gabriel zählt vor allem, ob Malu Dreyer sich als rheinland-pfälzische Ministerpräsidentin halten kann. Wenn das nicht der Fall sein sollte und auch in Baden-Württemberg die Zeit des Regierens vorbei wäre, würde das Diskussionen befeuern über die Frage, ob Gabriel im kommenden Jahr der richtige Kanzlerkandidat ist. Vielleicht hat er unter solchen Umständen auch selbst keine Lust mehr.

Die Machtverhältnisse im Bundesrat werden sich an diesem Wahlsonntag nicht entscheidend verändern, egal wie die Ergebnisse ausfallen. Zurzeit hat dort kein Lager eine Mehrheit. Das würde sich auch nicht ändern, wenn die CDU zwei Länder erobern könnte, die bisher von Roten und Grünen regiert waren. Interessant wird der 13. März mit Blick auf die Wahl des Bundespräsidenten, die Anfang 2017 ansteht. Im Moment gibt es dort weder für Schwarz-Gelb (knapp 590 von 1262 Stimmen) noch für Rote und Grüne (zusammen weniger als 550) eine eigene Mehrheit.