Wie haben sich fünf Jahre grün-rote Politik auf die Landwirtschaft im Land ausgewirkt? Um die Antworten auf Fragen wie diese drehten sich die Diskussionen beim Hohebucher Agrargespräch.

Hohenbuch - Die Situation ist dramatisch: Die Lebensmittelpreise befinden sich im freien Fall, Milch- und Schweinebauern kämpfen um ihre Existenz, immer mehr Bauernhöfe müssen dicht machen. Aber wie hat sich die Landwirtschaft in fünf Jahren grün geführter Landesregierung entwickelt? Hat sich das von einem grünen Minister geprägte Agrarressort auf die heimische Landwirtschaft ausgewirkt? Und falls ja, wie?

 

Fragen wie diese stellten sich jetzt beim Hohebucher Agrargespräch (Hohenlohekreis). Um Antworten bemüht: Wolfgang Reimer, Ministerialdirektor im Ministerium für Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg. Reimer ist selbst Bio-Landwirt, und zwar in Hohenlohe. Ein Politiker mit Stallgeruch, dessen Wort bei den Bäuerinnen und Bauern Gewicht hat, selbst wenn oder gerade weil seine Antwort auf die zentralen Fragen nüchtern ausfällt: „Die Landesagrarpolitik kann die Rahmenpolitik der Märkte nicht bestimmen.“ Der Einfluss Stuttgarts auf Berlin und Brüssel sei bescheiden, sagt der Amtschef. Seine Position macht er dennoch klar: „Wir sind gegen den total freien Markt.“ Entsprechend habe sein Ministerium die Förderprogramme strategisch ausgerichtet: Zum einen honoriert der Staat öffentliche Leistungen wie Landschaftspflege. „Grünlandbetonte Landkreise etwa im Schwarzwald bekommen mehr, ackerlandbetonte Landkreise wie Hohenlohe bekommen weniger“, konstatiert Reimer und setzt nach: „Individuell kann ich Ihre Kritik verstehen, doch als Landesregierung muss ich das gesamte Land im Blick haben.“

Zuschüsse für tiergerechte Ställe

Zweiter Schwerpunkt grüner Agrarpolitik ist die Ausrichtung auf Premiummärkte, sprich ökologische Lebensmittelerzeugung. Bio-Klasse statt Export-Masse also, und das gilt vor allem in der Tierhaltung. Deren Zukunft im Land sieht aus grüner Sicht so aus: „Wir müssen in Richtung Qualitätsführerschaft angreifen, grenzenloses Wachstum unterstützen wir nicht.“ Reimer nennt Beispiele: 40 Prozent Zuschüsse gibt’s für Landwirte, die tiergerechte Ställe bauen, zusätzlich wird der höhere Aufwand für Stroheinstreu gefördert. „Völlig überzogene Tierzahlen“ wie in Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen – Ställe mit 5000 Mastschweinen und mehr sind dort die Regel – seien der falsche Weg, betont Reimer: „Wollen wir wirklich alles, was an Produktivitätssteigerung möglich ist, an Tieren durchziehen?“ Einige Bauern blicken ernst, andere nicken zustimmend. Doch ethische Fragen stehen in Hohebuch nicht im Vordergrund, denn viele Landwirte kämpfen um ihre Existenz.

Premiummärkte sind nur für einen Teil der Bauern die Lösung, entgegnet Bernd Kraft, Vorstand im Evangelischen Bauernwerk Hohebuch und selbst Schweinebauer: „Die stark gefallenen Preise für Milch und Fleisch beschäftigen uns mehr als politische Farbenspiele in Stuttgart“, sagt er. In diesem Punkt sind sich alle einig: Tierwohlmaßnahmen im Förderprogramm für Agrarumwelt, Klimaschutz und Tierwohl (FAKT), Agrarinvesititionsförderprogramm (AFP), Maßnahmen- und Entwicklungsplan Ländlicher Raum Baden-Württemberg (MEPL) und wie die Programme alle heißen, sie greifen nur, wenn der Verbraucher bereit ist, für Qualitätslebensmittel mehr zu bezahlen. „Am Beispiel Eierkennzeichnung hat sich gezeigt, dass das geht“, macht Reimer sich und seinen Kollegen Mut.

Gläserne Produktion wird gelobt

Und wie sehen die Positionen der konkurrierenden Parteien aus? Sie unterscheiden sich in Nuancen. Der agrarpolitische Sprecher der CDU und Ex-Landwirtschaftsminister Peter Hauk singt das hohe Lied auf Professionalisierung, verspricht Investitionsförderungen und fordert gleiche Chancen für ökologische wie konventionelle Landwirtschaft. In dieses Horn bläst auch der FDP-Experte Friedrich Bullinger, der statt auf ökologische Vermarktung stärker auf regionale Vermarktung setzen will. Für die SPD fordert Thomas Reusch-Frey mehr Transparenz zu dem Thema in den Schulen und lobt Aktivitäten wie die gläserne Produktion auf den Höfen: „Was Sie machen, ist vorzeigbar und vorzüglich.“ Der Grüne Martin Hahn, selbst Landwirt, fasst sich dagegen an die eigene Nase: „Unsere zentrale Aufgabe ist es , den Lebensmitteleinzelhandel, Bauern und Verbraucher an einen Tisch zu bringen. Da waren wir nicht stark genug.“ Am 13. März bei der Landtagswahl wird sich auch zeigen, ob die Wähler den Grünen dafür noch eine Chance geben wollen.