Bei einem Kooperationsprojekt von Pädagogischer Hochschule, Landwirtschaftlicher Akademie und Bauernverband soll Schülern ein Bezug zur Landwirtschaft vermittelt werden. Der Aktionstag gilt als landesweite Blaupause.

Hemmingen - Dennis Ochs steht vor der Biogasanlage des Hemminger Bauernhofs Huber und zeigt eine Wasserflasche voller Gülle in die Runde. Die Schüler um ihn herum sollen raten, wie viel Energie entsteht, wenn diese Menge in der Biogasanlage umgewandelt wird. Nach wilden Spekulationen löst Ochs, angehender Landwirt und Mitarbeiter auf dem Hof, das Rätsel auf: Die Energie aus dieser Flasche reiche aus, um vier bis fünf Smartphones aufzuladen, deren Akku völlig am Boden ist. Die Schüler sind baff: Mit dieser Leistung hatten sie nicht gerechnet. Und diese Information ist bei Weitem nicht die einzige Überraschung an diesem Vormittag.

 

Insgesamt 22 Neuntklässler der Glemstalschule Schwieberdingen/Hemmingen haben am Freitag ihr Klassenzimmer gegen den landwirtschaftlichen Hof der Familie Huber in Hemmingen getauscht. Sie nahmen am ProjektLandwirtschaft macht Schule“ teil, einer Kooperation der Pädagogischen Hochschule Ludwigsburg (PH), der Akademie für Landbau und Hauswirtschaft Kupferzell (Hohenlohekreis) und des Bauernverbandes Schwäbisch Hall – Hohenlohe – Rems. Das Ziel des Projekts ist es, den Schülern die Landwirtschaft in der Praxis näher zu bringen und einen Bezug zu ihrem täglichen Leben herzustellen. Gleichzeitig sollen die angehenden Lehrkräfte der PH für das Thema sensibilisiert werden – und die künftigen Landwirtschaftsmeister etwas über pädagogische Vermittlung lernen.

Einblick in den Alltag der Landwirte

Bei der ersten Auflage dieses Projekts im vergangenen Jahr im Hohenlohekreis ging es um das Thema Milchviehhaltung, in Hemmingen – sowie bei einem parallel stattfindenden Aktionstag für Fünftklässler auf einem Hof in Ingersheim – stand nun die Schweinehaltung auf dem Programm. An drei Lernstationen zu den Aspekten Futter, Tierwohl und Biogasanlage erhielten die Schüler auf dem Hof Huber einen Einblick in den Alltag der Landwirte. So wurde ihnen anhand eines riesigen Mähdreschers erklärt, wie das Futter für die Schweine vom Feld zu den Tieren gelangt, sie mussten verschiedene Getreidesorten erkennen und konnten sie anschließend in einer kleinen Mühle mahlen.

Im Schweinestall sollten die Schüler ausmessen, ob die Borstentiere genügend Platz haben, durften sie wiegen und markieren und der Tochter des Hofes Fragen zur Schweinehaltung stellen. Zudem wurde ihnen die Funktionsweise der Biogasanlage anschaulich erklärt.

Die Schüler waren begeistert. „Das ist super, mal zu sehen , wie das hier funktioniert. Ich wusste das gar nicht“, sagte die 14-jährige Laura Riedel. Ihre Klassenkameradinnen stimmten zu. Besonders beeindruckt hat sie die Biogasanlage – und die Einsicht, wie viel Arbeit solch ein Hof macht und wie wenig man im Gegenzug verdient. „Als richtigen Job könnte ich mir das nicht vorstellen“, sagte Laura Riedel. Die 14-jährige Nathalie Göcker hingegen war so fasziniert von den Arbeiten auf dem Bauernhof, dass sie durchaus ins Grübeln kam, ob das etwas für sie wäre.

Die Kooperation erfährt große Beachtung

Vorerst ging es aber darum, den Schülern den Alltag auf dem Hof zu zeigen. Das sei auch deshalb so wichtig, weil die Landwirtschaft so viele gesellschaftliche Bereiche tangiere, sagte Frank Rösch, der an der PH für das Kooperationsprojekt zuständig ist. Dazu gehörten etwa die Ernährung, die Produktion von Lebensmitteln oder der Einfluss, den Konsumenten auf die Produktion hätten. Andrea Bleher, die für den Bauernverband an dem Projekt mitwirkt, erklärte: „Wir in der Landwirtschaft haben ein sehr schlechtes Image. Wir haben großes Interesse daran, unsere Tore zu öffnen und zu zeigen, wie wir arbeiten.“

Es sei einmalig in Deutschland, dass Lehramtsstudenten und angehende Landwirte gemeinsam ein pädagogisches Konzept zum Thema Landwirtschaft entwickelten, sagte Bleher. Deshalb erfahre die Kooperation große Beachtung, unter anderem vom Land und von der Deutschen Gesellschaft für Ernährung. Letztlich solle die Aktion auf dem Hof Huber eine Blaupause für ähnliche Projekte in der Zukunft sein.

Ein Vorzeigeprojekt

Lob
Das Projekt „Landwirtschaft macht Schule“ findet auch beim Regierungspräsidium Stuttgart (RP) viel Anklang. Es handele sich dabei um eine pädagogisch enorm wertvolle Sache, sagt Kurt Mezger, Leiter der Landwirtschaftsabteilung im RP. Insbesondere auch deshalb, weil hier bereits bei den angehenden Lehrern und den künftigen Landwirten angesetzt werde: Sie würden mit dem Projekt überhaupt erst auf die Idee gebracht, Schülern die Landwirtschaft in der Praxis zu zeigen. Deshalb unterstütze das RP die Aktion explizit.

Vorlage
Das Konzept der Studenten soll künftig als Vorlage für andere Projekte dieser Art dienen. Sowohl die drei beteiligten Institutionen als auch das RP werden die Vorlage für Interessierte bereithalten, die eine ähnliche Aktion starten wollen.