Genuss am laufenden Band bietet die Lange Straße in der Göppinger Innenstadt. Hier befinden sich einige der ältesten Genussbetriebe wie die Kaffeerösterei und das Café Berner.

Region: Corinna Meinke (com)

Göppingen - In der Göppinger Innenstadt findet sich entlang der Fußgängerzone eine ganze Reihe von Restaurants – und seit 1923 auch die einzige Kaffeerösterei der Stadt sowie mit dem Café Berner das älteste Caféhaus. Genuss am laufenden Band, das könnte ein Motto für die Lange Straße sein. Nun hat sich am westlichen Zipfel ein neuer gastronomischer Betrieb angesiedelt: Stixenhof nennt sich das Restaurant, zu dem auch ein Bauernladen gehört, wo ausschließlich biologisch erzeugte Produkte angeboten werden.

 

Alles begann mit Schweine- und Gänsebraten

Monica und Steffen Weiler wollen sich damit eine Existenz aufbauen. Nach einer Pilotphase mit dem gleichnamigen Bioimbiss in der Freihofstraße erfüllt sich das Paar aus dem idyllischen Ottenbach in der Langen Straße den Traum vom eigenen Lokal. Begonnen hat ihr gastronomisches Projekt vor Jahren bei der Göppinger Waldweihnacht, wo der Kundschaft erstmals Gänse- und Schweinebraten vom Stixenhof serviert wurde. In ihrem kürzlich eröffneten Restaurant stehen inzwischen zusätzlich zwei Suppen und auch ein vegetarisches Gericht auf der Karte.

Gänsebraten aus dem eigenen Betrieb mit Blaukraut gibt es in der kalten Jahreszeit immer samstags und den Schweinebraten im Advent sogar täglich. Und demnächst sollen auch noch Burger, Wraps und Smoothies das Angebot komplettieren. Während Monica Weiler in der Küche steht oder die Kundschaft bedient, sorgt ihr Ehemann Steffen für den Nachschub aus der Backstube.

Die Backrezepte hat ein Vetter beigesteuert

Versorgt mit Rezepten seines Vetters, der Bäckermeister ist, bäckt er Wurzel- und Dinkelvollkornbrot, Panini, Eingenetztes und Hefezopf. „Wahrscheinlich würden wir von den Profis der Bäckerinnung belächelt“, vermutet der Bankkaufmann. Er zeigt auf die aufgebrochene Krume der Brote und die eher ungleichmäßig geformten Laibe, die bei der Kundschaft aber gut ankämen. Komplettiert wird das Angebot durch Apfel- und Kirschkuchen, Honig, Käse aus Schlat sowie Obst und Gemüse in Bioqualität vom Stuttgarter Großmarkt.

„Bei uns dürfen die Gäste gern mal in den Topf schauen, und wir können genau sagen, woher die Lebensmittel kommen.“ Auch diese Transparenz komme bei den Gästen gut an, hat Monica Weiler festgestellt. Gäste wünscht sich das Paar künftig auch auf dem heimischen Hof, für den sie über Umbauplänen brüten. Dort sollen neben einem Hofladen ein großer Seminarraum, eine Ferienwohnung und Gästezimmer entstehen. Schließlich habe sich die Schönheit des Ottenbacher Tals, auch bekannt als Göppinger Allgäu, längst bei Wandertouristen herumgesprochen. Mit dem teuren Umbau wollen sich die Weilers aber noch Zeit lassen. Im neuen Jahr stehe zunächst die Zertifizierung als Biobetrieb an. Das Ökolabel strebt das Paar auch für seine hofeigene Garnelenzucht in Aquakultur an, die sie als weiteres Standbein aufbauen.

Eine der schönsten Einkaufsstraßen der Stadt

Mit Blick auf die Lange Straße stellt Steffen Weiler fest: „Für mich ist das eine der schönsten Einkaufsstraßen Göppingens“, und meint damit auch den Branchenmix. Gleich gegenüber locke die traditionelle Barbarossa-Buchhandlung Leseratten an, und wer weiter in Richtung Osten schlendere, werde von den Auslagen der Goldschmiede Stübe, dem Lederwarengeschäft Münnich und dem Stadthaus überrascht, wo das Team von Siegfried und Felix Höppel Schönes rund ums Wohnen und Handarbeiten anbiete.

Das Café Berner ist seit 1938 in Familienbesitz

„Das ist hier noch die letzte Straße mit so einer Struktur“, meint auch Mathias Bidlingmaier mit Verweis auf die vielen inhabergeführten Läden. Zusammen mit seinen Eltern und seiner Schwester Kathrin Faulhaber führt der Konditor hier das überregional für seine Torten und Pralinen bekannte Café Berner, das seit 1938 im Familienbesitz ist, in dritter Generation. Bidlingmaier ist froh, dass der Ausbildungsbetrieb mit 40 Mitarbeitern dank seiner Spezialisierung eine Nische besetzt „und wir nicht kopiert werden können“. Gleichwohl betrachtet er den Trend hin zu immer mehr Filialgeschäften mit Sorge: „Die Kunden gehen nur noch ins Fachgeschäft, wenn sie etwas Spezielles brauchen. Dadurch steuern die Discounter im Bereich Lebensmittel den Markt und diktieren unser Leben.“

Früher Feinkost, heute Kaffeerösterei: Peter Weirich pflegt die Familientradition

Diesen Wandel hat auch Peter Weirich miterlebt, dessen Familie bereits in der sechsten Generation zwischen Langer Straße und Hauptstraße ansässig ist. Bereits 1804 eröffneten Weirichs Vorfahren hier eine Seifensiedererei samt Kolonialwarenhandel. Daraus entstand das Feinkostgeschäft Gaiser. Außerdem betrieb die Familie bis zum Aufkommen der Discounter den Göppinger Handelshof. Die 200-jährige Firmengeschichte endete 2011 mit der Insolvenz, und Peter Weirich konzentriert sich seither auf das Teehaus, das die Weirichs seit den 1970er Jahren betreiben.

In dem angeschlossenen Lagerhaus röstet Weirich, dessen Kaffeesorten schon zahlreiche Preise von der Deutschen Röstergilde erhalten haben, weiterhin täglich hochwertige südamerikanische, mexikanische und indische Kaffeebohnen – und er lässt sich dabei auch jeden Samstag über die Schulter schauen. Hochwertige Schokolade, Gebäck, Weine und Spirituosen, die Peter Weirich in der Rösterei ausschenkt und feil bietet, erinnern an die lange Familientradition.